Samstag Nachmittag im Knast

… ein Besuch im ehemaligen Polizeigefängnis “Klapperfeld”.

Nackter Beton regieret den Anblick der Kellerräume des alten Gefängnisses.

Achtung, jetzt wird’s ein bisschen peinlich:

Einen Besuch des ehemaligen Polizeigefängnisses “Klapperfeld” stand schon lange auf meiner Agenda. Leider sind dessen Ausstellungsräume für Besucher lediglich samstags zwischen 15 und 18 Uhr geöffnet. Doof nur, dass ich mich just in diesem Zeitraum für gewöhnlich im Dienst befinde. 

Umso größer war dann aber meine Freude am vergangenen Wochenende, als ich zur Abwechslung einmal einen freien Samstagnachmittag zur Verfügung hatte. Und diesen dazu nutzen konnte, einmal dort vorbeizuschauen. Wetter war ja eh so “lala”.

Als ich die Klapperfeldstraße 5 erreiche, schlage ich mir imaginär an die Stirn. Schon tausend Mal bin ich am riesigen Gebäude vorbeigelaufen! Neulich hatte ich bereits Fotos vom Komplex gemacht, der sich so auffällig inmitten der Stadt, unweit von Gericht und Zeil befindet.

Doch nicht einmal ansatzweise kam ich die Idee, dass es sich hierbei um das “Klapperfeld” handeln könnte. Nun ja, wieder was gelernt! 

Für all die Leser, denen das “Klapperfeld” noch kein Begriff ist,
hier die wichtigsten Fakten im Schnelldurchlauf:

Berichts 1886 als innerstädtisches Gefängnis errichtet, wurde es in der Zeit des Nationalsozialismus von der Gestapo als Ort zu Inhaftierung und Folter von politischen Gegnern und anderweitig verfolgten Menschengruppen genutzt. Auch nach dem Kriegsende 1945 existierte das Gefängnis — nun unter Einfluss der neu gegründeten Bundesrepublik Deutschland — weiter. Ab den 1980er Jahren wurde es dann bis zur Aufgabe im Jahr 2002 als Abschiebe-Haftanstalt genutzt.

Das Gebäude stand — nunmehr ohne Verwendung für die Justiz — dann ganze sieben Jahre lang leer. Eine große innerstädtische Fläche, sich ganz selbst überlassen. Eigentlich unvorstellbar. 

Im Jahr 2009 dann überließ die Stadt das Gebäude dann der Gruppierung Faites votre Jeu!, einem losen Zusammenschluss studentischen Ursprungs. Die Gruppe hatte zuvor lange Zeit eine leerstehende Villa in Bockenheim “verwaltet” (respektive:besetzt), die nun von der Stadt Frankfurt zur Eigennutzung beansprucht wurde. Als Ausweichort wurde das leerstehende Gefängnisgebäude in der Klapperfeldstraße angeboten. Dort konnten “Faites votre Jeu!” fortan eine neue Bleibe finden.

Keller und drei Stockwerke wurden von “Faites votre Jeu!” zur Dauerausstellung gewandelt. Was es im Einzelnen zu sehen und entdecken gibt, ist auf der umfangreichen Homepage der Ausstellung aufgeführt. 


Mein Besuch und meine Eindrücke

Der Eintritt ins Gefängnis ist frei; allerdings wird um Spenden gebeten. Einer Bitte, der ich wirklich gerne nachkomme. Es gilt schließlich, all die Arbeit zu honorieren, die dafür geleistet wurde, diesen historischen Ort als Mahnmal zu erhalten.

Befremdlich, irritierend, unheimlich: Der Kellertrakt der Haftanstalt.

Als ich eintrete, fühle ich mich sofort unwohl und verstört. Nackte, graue Betonwände regieren all meine Eindrücke und schaffen eine unheimliche Atmosphäre. Ich beginne im Kellerraum und betrachte die zahlreichen Informationstafeln an den Wänden. 

Gänzlich wie im Horrorfilm fühle ich mich dann, als ich das das zweite Geschoss betrete: Hier befinden sich Gefängniszellen, die im Zustand der Schließung im Jahr 2002 belassen wurde. Eine Metallpritsche, zwei Besucherstühle, ein brüchiger Holztisch. Eine offene Toilettenschüssel ohne Deckel, ein Waschbecken. Das musste wohl reichen.

Der selbe Anblick in einer jeden Zelle. Und, natürlich wieder: nackte Betonwände. Eine wahrlich trostlose Tristesse.

Es erscheint mir unvorstellbar, dass hier Menschen als Gefangene jemals ihren Alltag verbracht haben.

Und das sogar noch bis vor 14 Jahren. Ich fühle mich erneut beklemmt und unwohl und lese all die Inschriften, die Gefangene in allen Sprachen dieser Welt auf die Wände gemalt oder eingeritzt haben.

Diese surreale Szenerie inmitten der Stadt, in der ich lebe, mich so oft bewege — das lässt mich nicht mehr los. Ich versuche, eine Vorstellung vom Gefängnis-Alltag zu gewinnen, aber es mag mir nicht gelingen. 

Im dritten Stock folgt dann das “Highlight” der Dauerausstelung:
Dieser ist der Trakt, in welchem zuletzt die Abschiebehäftlinge untergebracht wurden.

Im großen Waschraum — neben den Waschbecken hängen noch verblichene “Herren-Magazine” — will ich keinen rechten Zusammenhang zur Körperhygiene herstellen können.

In manchen Zellen sind persönliche Aufzeichnungen und Gegenstände der Gefangenen ausgestellt. Schade, dass die drei Stunden der wöchentlichen Öffnungszeit nicht einmal annähernd dafür ausreichen, den gesamten Gefängniskomplex intensiv und umfassend zu erkunden.

Doch genügen lediglich Minuten eines Aufenthalts in diesen Gemäuern, um überwältigt zu sein. Überwältigt von dieser Welt, die man an diesem Ort niemals vermutet hätte. Überwältigt von der Vorstellung, hier gelebt haben zu müssen. Das Bedürfnis zu bekommen, sich mit all den Geschichten der hier Inhaftierten, Bediensteten und Gefolterten zu beschäftigen. 

“Hat ein Mensch das wirklich verdient?”

Diese Frage stellt sich mir auf. Während vermeintliche “Systemgegner” hier zur Zeit des Nationalsozialismus hier gänzlich grundlos festgehalten und gefoltert wurden, so wurde unter den Fittichen der Bundesrepublik Deutschland sicherlich niemand ganz unschuldig und ohne Grund eingebuchtet.

Aber: Hat ein Mensch dieses Dunkel, das hier den immergleichen Alltag umgeben haben muss, jemals verdient? Welches Verbrechen rechtfertigt den Entzug eines würdigen Lebens? Ich hoffe sehr, heutige Haftanstalten bieten einen lebenswerteren Rahmen für die Inhaftierten, um über ihre Fehler nachdenken zu können. Für ihre Schuld zu büßen, anderen nichts mehr zu Leide tun zu können — aber dennoch ein halbwegs lebenswertes Leben zu führen. Wenn schon kein freies.


Ich steige wieder hinab ins Erdgeschoss. 

Hier platze ich in die Vorbereitungen für eine Party von “Faites votre Jeu!”.
Das Wärterhaus als Bierausschank, Waschraum als Tanzfläche, bunte Dekoration an den Gefängnismauern:
Ich bin erneut ziemlich irritiert von diesem Anblick.

Ich spreche mit einigen der Anwesenden. Natürlich möchte man sich von all der Arbeit, die hier ehrenamtlich erbracht wird, auch einmal erholen. Und natürlich möchte auch mal gefeiert werden. Und das sei allen herzlich gegönnt!

Ich freue mich und staune, als ich ganz unvermittelt zur Party am Abend eingeladen werde.

“Jeder ist hier willkommen — aber wir passen schon darauf auf, dass das Klientel stimmt”.

Das will ich auch hoffen — es wäre schließlich schade, würde dieser Ort zur “Party-Location von Hintz & Kuntz” verkommen. Damit auch weiterhin angenehm gefeiert wird, und nicht bald die ersten Junggesellenabschiede einfallen, werden die Veranstaltungen auch weder beworben noch bekannt gegeben. Gut so!

Ich bin irgendwie erleichtert, als ich die Ausstellung verlasse und wieder auf der belebten Zeil stehe. Und dennoch: Dieser Besuch hängt mir nach, das beklemmende Gefühl der eigenen Gefangenschaft, die Enge der Zellen — all dies wird mich noch eine Weile lang beschäftigen. 

Ich kann nur jedem raten, ein wenig freie Zeit am Samstagnachmittag für einen Besuch in der Gedenkstätte “Klapperfeld” zu investieren. Es lohnt sich — und schafft auf eine eigentümliche Art und Weise ein Bewusstsein für das Glück der persönlichen Freiheit.

Alle Informationen zum Polizeigefängnis, zu Dauerausstellung, Events und natürlich “Faites votre Jeu!” findet ihr unter https://www.klapperfeld.de

View original.

Exported from Medium on September 22, 2016.

Verschenken ist der neue Sperrmüll

 

… ein Selbstversuch mit “Free your Stuff”

Titelbilder der Facebook-Gruppe “Free your Stuff Frankfurt”.

Es soll ja Zeiten gegeben haben, in denen ausrangierte Möbelstücke ihren Besitzern ernsthafte Probleme bereitet haben. Schließlich warfen sich zunächst folgende Fragen auf, welche es zu beantworten galt:

  • Einfach auf den Sperrmüll mit dem ausgedienten Krempel? Ach, und wann war da doch gleich der nächste Termin? Muss gar zwecks Abholung einer gemacht werden? Und, falls ja: Bei wem eigentlich?
  • Das alte Mobiliar zu Geld machen auf dem Flohmarkt? Aber, wie zum Teufel die schweren Konstruktionen dorthin bekommen? Und ist am Ende die Standmiete vielleicht nicht höher als der Verkaufserlös?
  • Alles zu aufwendig? Eigentlich wollen Tische, Stühle oder Sofas doch eigentlich lediglich schnell und möglichst unkompliziert die eigenen vier Wände verlassen, um Platz für neue Einrichtung zu schaffen. Also: Illegal entsorgen im Wald? Oder doch auf der nächstgelegenen Autobahnraststätte? Ein solches Vorgehen könnte sich allerdings negativ auf das polizeiliche Führungszeugnis auswirken. Und als Freund der Umwelt sollte dieser Gedanke ohnehin ganz schnell verworfen werden.

Kurzum: Es war mit gewissem Aufwand verbunden, sich von ausrangierten Einrichtungsgegenständen zu trennen.


Doch sind all dies Probleme, die der digital vernetzte, urbane Großstadtbewohner von heute nicht mehr zu kümmern braucht:

Für mittlerweile jede größere Stadt in Deutschland existieren “Free your Stuff”-Gruppen in den einschlägigen sozialen Netzwerken, so natürlich vorrangig bei Facebook.

Und als endlich ein schicker, neuer Sofatisch unser WG-Zimmer schmückt, stehe dann auch ich vor der Frage: Was tun mit dem Alten? Ich wage den “Free your Stuff”-Selbstversuch. Mache schnell zwei Handy-Bilder vom Tisch, poste sie in die Gruppe “Free your Stuff Frankfurt”.

Es wäre zu schade, den Tisch einfach zu zertrümmern und die Überreste in die schwarze Tonne zu werfen. Allerdings will ich ihn doch einfach nur los werden. Und das möglichst zügig. Ich grinse breit, als ich unter die Bilder tippe:

“In liebevolle Hände abzugeben im Frankfurter Nordend. Abholbar innerhalb der nächsten 60 Minuten.”

Den abschließenden Hinweis darauf, dass ich Apfelwein sehr mag, kann ich mir nicht verkneifen. Es ist Gruppenregel, dass hier Gegenstände aller Art ausschließlich ohne Gegenleistung verschenkt werden dürfen. Keine Bezahlung, keine Sachwerte. Aber ein kleiner Wink mit dem Zaunpfahl wird doch noch gestattet sein!

Ich klicke auf “posten”, mache mir ‘nen Kaffee und warte ab. Prompt wird mein Beitrag kommentiert, schnell finden sich zahlreiche Interessenten. Mein Mitbewohner, der alte Fuchs, hinterlässt noch ein „bringt Bier mit!“ unter meinem Angebot.


Auch mein Nachrichtenfenster öffnet sich.

“Pils oder Export?”

Ich lache auf ,schlürfe am Kaffee und antworte: “Export, versteht sich!

Ich schaue auf die Uhr. Noch zwanzig Minuten, bis ich das Haus verlassen muss. Und es dauert nicht lange, bis es an meiner Türe klingelt. “Getränkeservice!”, höre ich eine Stimme durch die Gegensprechanlage.

Ungläubig öffne ich die Tür, und vor mir steht tatsächlich ein netter Kerl, welcher den Tisch gern seinem Sohn zur Einrichtung dessen erster, eigenen Bude überlassen möchte. Und sich dafür mit Binding Export, Binding Pils und ‘ner Flasche Apfelwein erkenntlich zeigt. Sogar gekühlt!

Er hat das Rennen gewonnen, Tisch und Kaltgetränke wechseln die Besitzer. Ich freue mich über den gewonnen Platz im Wohnzimmer, der Vater sich über einen schicken Sofatisch für seinen Sohnemann.

Alle glücklich, alles gut. Eine astreine “Win-Win Situation”!

Free your Stuff als Partnerbörse?

A propos „Win-Win Situation“:

Natürlich bleibt es nicht aus, dass sich Schenkende(r) und Schenkende auch mal ganz nett finden. Sich vielleicht sogar noch einmal wieder treffen, ganz ohne den Hintergrund des Handels.

Und vielleicht, ja vielleicht, bleibt’s auch nicht bei diesem Treffen. So hat eine Bekannte von mir beispielsweise ihren heutigen Freund kennen gelernt, als sie vor längerer Zeit ihren alten Schrank los werden wollte. Schrank weg, große Liebe da „Free your Stuff“ kann ja so romantisch sein!


Mein Fazit nach meinem Selbstversuch:

Dass es über “Free your Stuff” dermaßen einfach ist, so überaus spontan dankbare Abnehmer für ausrangierte Dinge zu finden, hätte ich tatsächlich nie erwartet.

Im Minutentakt werden hier Angebote und Gesuche aufgegeben – es gilt auf Zack zu sein für eine Chance, die „Filetstücke“ zu ergattern.

Allerdings stellt sich mir die Frage, ob man tatsächlich Dankbarkeit oder gar eine Gegenleistung von den Abnehmern erwarten sollte.

Ist es nicht so, dass wir alle lediglich zu faul sind, sperrige Möbel fachgerecht zu entsorgen — oder mühsam anderen Menschen zu vermachen, die noch Verwertung für diese haben?

Insofern bin eigentlich ICH all denjenigen dankbar, die so schnell auf mein Angebot reagiert haben. Und natürlich dem netten Vater, der mir all diese Mühe erspart hat — und als sei dies noch nicht genug auch noch meinen Kühlschrank neu bestückt hat.


Was denkt ihr darüber? Ich bin gespannt auf eure Erfahrungen. Und auf eure Meinung: Ist es unmoralisch, Dankbarkeit zu erwarten oder gar kleine Geschenke anzunehmen?

Ich freue mich auf eure Kommentare!

By MatzeFFM on September 19, 2016.

Exported from Medium on September 22, 2016.

Bar-Konzert im Bahnhofsviertel

“OHRWURM” startet in die neue Saison

Zum Glück funktioniert die Klimaanlage: Auch die Künstlerin kommt nicht ins Schwitzen.

 

Mit einem Bar-Konzert in der jüngst eröffneten “Jambo Bar” beendete die grundsympathische Frankfurter Konzertreihe”OHRWURM” am vergangenen Mittwoch ihre Sommerpause. Klar, dass ich mir das nicht entgehen lassen habe! Wie mir Künstler und Location gefallen haben, was die OHRWURM-Besucher künftig erwarten können, und welche Visionen OHRWURM-Kopf Michael sonst noch so verfolgt — das lest ihr hier!

Seit bereits drei Jahren werden unter dem eingängigen Namen “OHRWURM” Café-, Bar- und Wohnzimmerkonzerte veranstaltet. Mit deren Bekanntheit ist auch die Fangemeinde entsprechend gestiegen, und auch ich besuche regelmäßig und gern die Konzerte. Besonders schätze ich die unverkrampfte, fast intime Atmosphäre, in der größtenteils lokale Künstler mit viel Herzblut ihre Musik darbieten.

Nach einer — für die Organisatoren sicherlich wohlverdienten! — Sommerpause kehrte OHRWURM nun mit einem Konzert einer untypischerweise weither angereisten Künstlerin zurück.

In den — zum Glück wohl klimatisierten! — Räumlichkeiten der “JAMBO BAR”, die vom Journal Frankfurt gar als Top-Neueröffnung ausgezeichnet wurde, sollte die US-amerikanische Singer-/Songwriterin Kat Jones für einen Abend der Musik und netten Gesellschaft sorgen.

Die Voraussetzungen dafür scheinen jedenfalls gegeben:

Allein die “Jambo Bar” in der Elbestraße, in der Betreiber Faruk zuvor mit viel Liebe das “LIVITY” betrieben hat, überzeugt mich:

Die insbesondere mit Gin bestens ausgestattete Bar macht wahrlich was her, die nüchtern-helle Einrichtung des “LIVITY” ist einem wohlig-gemütlichen Ambiente gewichen, Platz für Künstler und Besucher ist ausreichend vorhanden. Und wem’s zu heiß wird, kann draußen Platz nehmen, ‘ne Zigarette rauchen und mit anderen Besuchern plauschen. Das macht dann auch ein Großteil der Rund vierzig Gäste so: Dank geöffneter Fassadenfenster lässt sich der Musik nämlich auch von draußen ganz hervorragend lauschen.

Ich selbst bin derweil nicht ganz so angetan von der Künstlerin — ihre ziemlich wehleidigen Klänge wollen irgendwie nicht recht zu dieser schönen Sommernacht machen und tun meiner Laune nach einem freien Tag in der Sonne irgendwie Abbruch. Den Rest scheint’s weniger zu stören, der Applaus spricht Bände. Ich bin dann trotzdem recht froh, als eine Pause verkündet wird.

Im Gespräch mit dem Macher

Diese nutze ich, um ein paar Worte mit “OHRWURM”-Kopf Michael Nickel zu wechseln.

“OHRWURM soll eine Heimat bieten”

Grüß’ dich, Michael! Schön, dich zu sehen, schön, dass ihr wieder da seid! Für all diejenigen, die “OHRWURM” noch nicht kennen: Stell’ doch das Projekt mal in zwei Sätzen vor!

“OHRWURM” dient zuerst dem Zweck, Kleinkunst in Frankfurt zu fördern. Wir wollen lokale Gastronomen mit lokalen Künstlern und der Menschen unserer Stadt zusammenbringen — das ist unser Anliegen.

Genau dieses Konzept weiß auch ich sehr zu schätzen. Auf was dürfen sich die Besucher in dieser Saison noch freuen, was gibt es Neues — und welche Visionen treiben dich sonst noch so an?

Im Prinzip bleibt alles beim Alten: Alle 2 Wochen gibt’s Konzerte in wechselnden Locations, die vorrangig eine Zusammenkunft musik-interessierter, netter Menschen sein sollen. Ich habe natürlich die Vision, dass in 5 Jahren Frankfurt Berlin als Stadt der Kleinkunst überholt haben wird! Nein, Spaß, das wird uns wohl leider nicht gelingen. Aber: OHRWURM soll unsere Stadt weiterhin bereichern, soll eine für alle offene Familie werden, ein Stück Heimat bieten und Wertschätzung erfahren. Und das alles möglichst familiär — wir wollen kein Massen-Event werden.

Ich finde ja, die “Jambo Bar” erweist sich als eine überaus für ein Konzertchen geeignete Location. Und auch du scheinst einen gewissen Faible für das Bahnhofsviertel entwickelt zu haben, immerhin bist du vor Kurzem sogar hierhin gezogen: Was reizt dich so an diesem kontroversen Teil der Stadt — ein Ort, irgendwo zwischen Hipster-Szene, Drogen und Rotlichtmilieu?

Ganz besonders reizt mich, dass man hier sehr authentisch leben kann und unabhängig von Aussehen, religiösem oder kulturellen Hintergrund akzeptiert wird. Hier mag es ziemlich rau zugehen, dafür ist aber alles irgendwo noch echt! Das gefällt mir. Ganz zu schweigen von der wunderschönen Architektur des Viertels…

Wie gelingt es dir mittlerweile, sogar Künstler aus den Vereinigten Staaten in unser beschauliches Städtchen zu locken?

Ganz ehrlich? Ohne überheblich klingen zu wollen: In der Regel schreiben mich die Künstler an und fragen an, ob sie bei uns spielen dürfen.

Ich danke dir! Verrätst du mir zum Schluss, welche Zielgruppe die Konzerte erreichen sollen — und warum es sich unbedingt lohnt, eines eurer Konzerte zu besuchen?

Unsere Zielgruppe? Junge, urbane Liebhaber der authentischen Live-Musik! Jeder soll sich hier willkommen fühlen, auch Obdachlose haben uns bereits besucht. Das hat uns sehr gerührt – jeder soll hier eine Heimat finden.


Ein Besuch lohnt sich in jedem Fall! Auch unabhängig von unserer Musik trifft man hier erfahrungsgemäß stets auf aufgeschlossene, nette Frankfurter. Und von den Künstlern war ich überwiegend durchaus positiv überrascht — auch, wenn Kat Jones’ Musik irgendwie besser zu einem tristen, verregneten Herbsttag gepasst hätte.

Seid auch ihr neugierig geworden? Habt Lust darauf, eines der folgenden Konzerte zu besuchen oder als Künstler aufzutreten?

Auf der “OHRWURM”-Facebookseite findet ihr sämtliche Konzerttermine sowie Kontaktmöglichkeiten zu den Organisatoren. Schaut doch mal vorbei!

By MatzeFFM on September 15, 2016.

Exported from Medium on September 22, 2016.

Auf Du und Du.

.… ein Frankfurter Kuriosum.

Ich bin ja hauptberuflich viel unterwegs im Lande, was Fluch und Segen zugleich ist. Fluch, weil ich gelegentlich selbst gar nicht mehr hinterherkomme, wo ich mich gerade befinde. Weil ich mich nur allzu oft am anderen Ende der Republik befinde, wenn ich eigentlich gern bei Freunden in der Heimat wäre.

Gleichwohl ist es aber ein Segen, seine Heimatstadt oftmals zu verlassen. Bedeutet dies doch ebenfalls, genauso oft wieder dort anzukommen — und diesen Moment des “wieder da zu seins” besonders wertschätzen zu können.

Außerdem — und nun leite ich elegant zum Thema dieses Artikels über — habe ich mit der Zeit ein recht feines Gespür für die Eigenarten meiner Heimat Frankfurt entwickelt.

Nein, ich meine damit nicht, dass eine Sofa-Decke hier für gewöhnlich “Kolter” genannt wird. Nicht davon, dass “Kreppel” anderswo “Berliner” heißen, während eine grundsolide Frikadelle anderenorts “Bulette” genannt wird.

Auch nicht, dass man hier gerne auch mal ‘nen Apfelwein zischt, während es woanders im Lande unvorstellbar scheint, ein genießbares Getränk aus vergorenem Apfelsaft herzustellen.

Nein, mir fällt ein ganz anderes Kuriosum immer wieder auf:

Man pflegt sich stets zu duzen.

Was anderorts als grobe Unhöflichkeit gilt, gehört hier zum guten Ton.


Kennt ihr das?

Hier am Main wird munter und wie selbstverständlich drauflos geduzt. Ob die nette Kellnerin im Café, der Kassierer an der Supermarkt-Kasse, der Bankangestellte des Kreditinstituts eures Vertrauens, der Sitznachbar am Kneipentresen, der um Auskunft gebetene Fremde auf der Straße: Man duzt einfach jeden, und ebenso wird man von Anderen nahezu ausschließlich im persönlichen Fürwort angesprochen.

Und: Ich habe mich längst daran gewöhnt!

Mittlerweile zucke ich sogargar zusammen, werde ich unverhofft gesietzt. Ja, ich empfinde es gar als grob beleidigend — hey, ich bin doch nicht mal 30!

Ich schätze es sehr, dass man in meiner Heimat ganz unabhängig von Alter, Stand und der jeweiligen Situation (auch nüchtern!) stets auf “Du und Du” ist. Immerhin sitzen wir doch alle im selben Boot, oder?

Die Engländer machen’s doch schließlich genauso:
Wozu das mühsame differenzieren, wer des “Sie” wert ist — und wer nicht?

Genauso sehr bin ich immer wieder verwundert darüber, wie pikiert — und gelegentlich auch entsetzt — ich angeschaut werde, wenn ich in anderen deutschen (Groß)-Städten fremde Menschen mit gewohnter “Frankfodder Schnauze” duze. Und eben darüber, welch distanzierten Eindruck bei mir hinterlässt, von den lieben Mitmenschen gesiezt zu werden.

Habt ihr dieselbe Erfahrung machen können? Oder bin ich gar der Einzige, der sich anderswo regelmäßig den Mund verbrennt, weil ich Fremde stets duze?

Vielleicht ist es das Bewusstsein darüber, letztendlich dass wir doch alle nur Menschen sind, die gemeinsam trotz aller Schwierigkeiten des Zusammenlebens irgendwie miteinander zurechtkommen müssen. Die zwar verschieden, aber gleichwertig sind.

Toleranz und Vielfalt können eben auch Nähe schaffen. Nicht nur räumlich, sondern auch im Geiste.

Und genau deswegen werde ich auch weiterhin fröhlich drauf los duzen. Auch anderswo. Stets in der Hoffnung, dass ein “Du” unser Miteinander ganz überall ein wenig menschlicher machen möge.

In diesem Sinne alles Liebe EUCH,

MatzeFFM

By MatzeFFM on September 13, 2016.

Exported from Medium on September 22, 2016.

Alles anders dieses Jahr?

Alles anders dieses Jahr?Meine Eindrücke von der Bahnhofsviertelnacht 2016


Alles anders dieses Jahr?

Meine Eindrücke von der Bahnhofsviertelnacht 2016

Rumstehen, trinken, quatschen: Beliebt auch in diesem Jahr.

Über die Bahnhofsviertelnacht wurde im Vorfeld hier wie dort da ja bereits hinlänglich berichtet. Zu sehr artete der “Tag der offenen Tür” in Frankfurts einst ehemals gefürchteten Stadtteils, der sich nun zum Szeneviertel gemauesert haben soll, im vergangenen Jahr aus. Zu sehr sei der Kulturcharakter verloren gegangen, zu sehr sei die Veranstaltung zum kollektiven Massenbesäufnis von Hipstern wie Umlands-Pöbel eskaliert.

Dieses Jahr nun sollte alles anders werden:

Nachdem die Bahnhofsviertelnacht (von hippen, jungen Leute von heute ,bevorzugt zu finden am „Niddasack“ vor dem 25 hours Hotel und der „Bar Pracht“, auch gerne mal “BHFSVRTLN8” genannt erst gar nicht, dann im November stattfinden sollte, nahm sich unser geschätzter Herr Oberbürgermeister persönlich der Sache an.

Die “Frankfurter Tourismus + Congress GmbH” sollte die neunte Ausgabe Veranstaltung dieses Jahr organsieren und vermarkten. Hat sie dann auch, und das dann in einer Art und Weise, die dem Charakter eines so-called “Szene-Viertels” dann doch arg widerstrebt. Kennzeichnet ein Szene-Viertel nicht die Eigenschaft, eben nicht als ein solches vermarktet und beworben zu werden? Nun ja, meine Meinung.

In diesem Jahr die einzige zweier Musikbühnen: Vor dem “25 hours Hotel” gibt’s was auf die Ohren. Ansonsten soll’s nun ruhiger bleiben.

Ohne große Erwartungen ließ ich mir einen Besuch dann doch nicht entgehen. Lediglich den Druckraum der Frankfurter Aidshilfe wollte ich mir unbedingt einmal anschauen. Hey, vor dem YokYok stehen und Bier trinken kann ich schließlich auch das ganze Jahr über.

Wie es ansonsten so war, wird sicherlich recht bald in den einschlägigen Tageszeitungen und Blogs zu lesen sein, ich erspare euch somit einen kompletten Abriss des Geschehens und beschränke mich im Folgenden auf meine eigenen Eindrücke und Gedanken.


Der Druckraum der Frankfurter Aidshilfe

Bereits auf dem Weg zu den Räumlichkeiten der Aidshilfe, welche neben einem Café auch einen der Frankfurter Druckräume beherbergen, stolpere ich fast über sie:

Die ausgemergelten Gestalten, die apathisch und mit Spritze oder Crackpfeife in der Hand auf dem Bordstein liegen, begegnen mir bereits in der Elbestraße.

Fast bin ich froh, dass sich auch dieser Aspekt als großes gesellschaftliches Problem nicht hinter der Fassade eines „Szene-Events“ verstecken lässt.

Meine Stimmung wird trotzdem – wie immer, wenn ich diese Menschen sehe – getrübt. Immer wieder stelle ich mir die Frage nach dem „Warum“. Wieso bloß landeten all diese Menschen hier im Rausch der Selbstzerstörung auf dem harten Pflaster des Bahnhofsviertel? Sind sie nicht alle einst zur Welt gekommen, hatten Träume, Pläne, einen Lebensentwurf? Wurden geliebt, haben andere Menschen ihre Liebe geschenkt?

Was nur muss ihnen widerfahren sein, um all dies aufgegeben zu haben? Den Glauben an ein lebenswertes, würdiges Leben zu verlieren?

Ich empfinde großes Mitleid und würde am liebsten jeden Einzelnen nach seinem Schicksal befragen.

Die bereits geöffnete Eingangstür reißt mich aus meinem Gedanken. Wir sind da.

Ein befremdlicher Anblick: Konsumplatz im Druckraum.

Sozialarbeiter Frank nimmt sich Zeit für unsere Fragen und führt uns durch die Räume. Ein mulmiges Gefühl, vor den einzelnen Plätzen zu stehen, an denen steriles Fixbesteck, Löffel und Kerze für das mitgebrachte Rauschgift bereitsteht.

Ich erfahre, dass es mittlerweile bereits fünf der Konsumräume im Stadtraum gibt. Vier davon – na klar! – im Bahnhofsviertel, einer im Ostpark. Dort hätte ich einen solchen nun wahrlich nicht vermutet.

Auch Franks Antwort auf meine Frage nach dem „Durchschnitts-Klientel“ überrascht mich:

Auch Bauarbeiter, Handwerker und selbst Personen mit Pflegeberufen kämen in ihrer Mittagspause in den Druckraum, um harte Drogen zu konsumieren. Und anschließend wieder ihrer Arbeit nachzugehen. Vor dem Lockruf der Sucht ist wohl tatsächlich kein Mensch gefeit.

Wie krass, welch eine wahnsinnige Erfahrung muss ein solcher Rausch wohl sein? Was ist es wert, den hohen Preis des unwürdigen Lebens als Drogenabhängiger auf dem nackten Pflaster zu zahlen bereit zu sein?

Diese Frage beschäftigt mich.

„Es ist die körperliche Abhängigkeit“, sagt Frank. „Die Erfahrung des ersten Rauschs kommt niemals wieder, doch ein Zustand des normalen Empfindens und der körperlichen Entspannung setzt fortan nur noch unter Einwirkung der Droge ein. Ohne professionellen Entzug und Hilfe kommt man da nicht raus“.

Es ist wohl das erste Mal in meinem Leben, dass ich froh darüber bin, „nur“ psychisch abhängig nach Zigaretten und Kaffee zu sein. Nachdenklich verlasse ich den Druckraum und befinde mich augenblicklich wieder unter feierfreudigem Volk mit „Fußpils“ in der Hand. Verrückte Welt.


Toiletten überall!

Ich tümmele mit, und mir fällt auf:

Schicke blaue Häuschen an jeder Kreuzung: Geht doch!

Nachdem offenbar bei der letzten Bahnhofsviertelnacht 2015 Zustände geherrscht haben, die man ansonsten nur vom Friedberger Platz kennt, ist es doch tatsächlich gelungen, an jeder Kreuzung Toilettenhäuschen aufzustellen. Geht doch!

Einen solchen Aufstell-Elan für sanitäre Einrichtungen würde ich mir ebenfalls für das Mainufer wünschen. Die prekäre Toiletten-Situation ist derzeit ebenfalls großes Thema, aber anscheinend wurde noch nicht ausreichend wildgepinkelt, um entsprechenden Eifer bei der Stadt zu entfachen.

Sollte Devise für Besucher des Mainufers nun etwa fortan „Wildpinkeln für ausreichend öffentliche Toiletten“ sein?


Einmal um die Welt futtern

Wie üblich und erwartet laden die zahlreichen großen wie auch kleinen Imbisse und Lebensmittelgeschäfte dazu ein, sich vor ihren Geschäften einmal quer um die Welt zu futtern. Dass das Angebot hierbei nicht nur auf der Münchener Straße kulturell äußerst vielseitig ist, dürfte manchen Besucher überrascht haben – ich habe das Viertel diesbezüglich aber bereits ausführlich erkundet.

Menschenmengen vor dem „Maxie Eisen“, die genüsslich in ihre Stullen, pardon: Pastrami! beißen, volle Bänke vor den Grill-, Fisch- und Asia-Imbissen. Mit vollen Tellern volle Tische.

Ich freu’ mich jedenfalls drauf, schon ganz bald in Ruhe und ohne Gedränge mein Mittagessen im Bahnhofsviertel zu genießen. Und wo’s mir am besten schmeckt, weiß ich schließlich schon längst 😉


Vor YokYok nichts Neues

Gedränge auch vorm Kult-Kiosk in der Münchener Straße. Also alles beim Alten – in der Regel bietet ein durchschnittlicher, warmer Abend denselben Anblick. „Place to be“ ist die Trinkhalle ohnehin schon längst.

Das scheint auch der herzliche Betreiber zu wissen. Dass durstige Besucher mittlerweile dazu bereit sind, im Kiosk für ‘nen halben Liter Bier so viel zu zahlen wie für ein frisch gezapftes in der Kneipe mancherorts im Nordend, lässt auf große Beliebtheit schließen. Aus der sich wohl ordentlich Kapital schlagen lässt.

Es sei dem guten Kerl verziehen, er folgt damit wohl ohnehin lediglich Zeitgeist des zum „BHFSVRTL“ mutierten Stadtteils.

By MatzeFFM on September 9, 2016.

Exported from Medium on September 22, 2016.

Es poppt und ploppt schon wieder

 

… und ich steige langsam nicht mehr durch.

Seit geraumer Zeit schon macht es allerorts „Plopp“ und „Popp“. In Frankfurt ploppen „PopUp-Stores“ genauso auf wie „PopUp-Markets“, auch „PopUp-Clubs“ und „PopUp-Bars“ wurden bereits gesichtet. Während Freunde der darstellenden Kunst sich an “PopUp-Galleries” erfreuen konnten.

Und ich? Weiß nicht so recht, was ich von all dem Geploppe halten soll. Zumal ich ja der Meinung bin, dass unsere Sprache eine sehr schöne ist — und nicht permanent mit englischen Bezeichnungen verwurstet werden sollte. Bloß, weil es sich eben vermeintlich zeitgemäßer, angesagter und ach so hip anhören mag. Tja, und jetzt auch noch das:

Nichts Böses ahnend kehre ich von einem entspannten Tag am See zurück und radele am südlichen Mainufer entlang.

“Hallo Yachtklub, geht’s dir gut? Hallo Lindner-Turm, schön, wie du in der Abendsonne funkelst” — alles soweit gut, alles soweit vertraut.

Doch — schock, schwere Not — was ankert DA denn?

Ein mir zunächst unbekanntes Boot ist am Mainufer vertaut. Klar, dass ich neugierig werde und näher trete.

Als ich erkenne, um welche schwimmende Installation es sich da handelt, schüttele ich resigniert den Kopf.

Nun also ein “PopUp-Boat”:

Wie dem großen Schild über dem Eingang zu vernehmen ist, handelt es sich um eine noch bis zum 16. Oktober besuchbares Projekt des jüdischen Museums.

Auf Deck gibt’s tagsüber Käffchen, Kuchen und eine Ausstellung — abends dann Konzerte, Workshops und Vorträge.

Find’ ich ja echt alles klasse — aber mittlerweile bin ich ja echt nur noch schwer genervt von all dem “PopUp”-Gedöns.

Was mag da in Zukunft noch so alles aufploppen in der Stadt?

PopUp-Currywurstbuden? PopUp-Werkzeugverleihe, PopUp-Pfandflaschenautomaten oder vielleicht PopUp-Postfilialen? Gar eine “PopUp-Bäckerei”? “PopUp-Dealing Points” in der Taunusstraße?


Ach pardon, Letztere gab es ja bereits. Natürlich als “PopUp-Bakery”.

Klingt ja auch gleich viel angesagter.
Mir wird das mit dem permanenten Aufgeploppe jedenfalls langsam zu anstrengend. Tut mir leid, Leute, da bin ich raus.

By MatzeFFM on September 8, 2016.

Exported from Medium on September 22, 2016.

Gemischte Tüte

 

Eine Szene aus dem Nordend.

kiosk

Manchmal genügt ja schon ein einfacher, kurzer Besuch beim Wasserhäuschen ums Eck, um mir ein breites Grinsen ins Gesicht zu zaubern.

So wie eben:

Es ist spät am Abend, ich radele nach Hause. Als ich an einer Trinkhalle vorbeifahre, beschließe ich, meinem Mitbewohner noch ein kaltes Blondes mitzubringen. Zwecks Haussegen und so, ihr wisst schon.

Vor mir steht ein junger Kerl, der sich anschickt, seine Bestellung aufzugeben.

“Ich hätt’ gern ‘ne gemischte Tüte!”

Kurz bin ich irritiert. Sowas gibt’s noch? Und: Ist der gute Kerl nicht ‘n bisschen alt für Rattenschwänze, Cola-Kracher und grüne Frösche?

Der Kiosk-Bedienstete scheint jedoch wiederum zu verstehen.

Er versenkt die Hände kurz unter Tresen, wühlt herum, hebt die Hände wieder empor — mit ausgestreckten Mittelfingern:

“Meinste die hier”?

“Sehr witzig!”, entgegnet der Kunde auf die unflätige Geste.

“Spaß, mein Lieber. Also wie immer?”

Nun bin ich gespannt.

“Wie immer”.


Der Verkäufer entschwindet kurz, kehrt zurück, stellt ein eiskaltes Bier und eine Dose Whiskey-Cola auf den Tresen.

Nun verstehe ich und lache.

Das ist dann wohl die “Gemischte Tüte” für Erwachsene.

Wieder was gelernt!

By MatzeFFM on September 7, 2016.

Exported from Medium on September 22, 2016.

REWE kann jeder!

 

… ein kleiner Streifzug durch asiatische Supermärkte

rewe

Klar — solch eine multikulturelle wie -ethische Bevölkerung wie diejenige Frankfurts bringt Probleme mit sich, welche sich nicht wegdiskutieren lassen.

Dennoch: Unterm Strich empfinde ich die buntgemischte Vielfalt unserer Stadt als großen Mehrwert. Vor allem kulinarisch!

Türkische Gemüsehändler wie asiatische Supermärkte gehören schon längst zum Stadtbild. Und ich liebe es, in eine andere Welt einzutauchen, sobald ich sie betrete. Zumal die Angestellten dort in aller Regel deutlich herzlicher sind als der durchschnittliche Mitarbeiter von REWE, Netto & Co.

Ich selbst esse ja unglaublich gern asiatisch. Mein Mitbewohner kann ein Lied davon singen — in schöner Regelmäßigkeit lasse ich die Küche nach Curry und anderen fernöstlichen Gewürzen duften und ertrage tapfer seine Klagen. Und alles, was ich so zum Kochen brauche, erwerbe ich besonders gern in den zahlreichen Asia-Supermärkten unserer Stadt. Diese konzentrieren sich auf das Bahnhofsviertel, pardon: „BHFSVRTL“ sowie die Fahrgasse, sind aber auch in Born- und Bockenheim anzutreffen (auf Wiesen- und Leipziger Straße)

Meist bin ich nicht mit einem Einkaufszettel ausgestattet, wenn ich dort einkaufe — und oftmals kaufe ich einfach “auf Verdacht”. Keine Ahnung, was die chinesischen Schriftzeichen auf der Verpackung bedeuten, nie gesehen, dieses Gemüse. Einfach mal mitnehmen und ausprobieren ist hier mein Credo.

Und oftmals bin ich anschließend überrascht und erstaunt, welch tolle Lebensmittel man in Frankfurt so erstehen kann – traut man sich nur, den üblichen “Supermarkt-Horizont” ein wenig zu erweitern. Und ohnehin, auch Artikel, die bei REWE, Penny & Co. ebenfalls erhältlich sind, sind in den kleinen Märkten oft deutlich günstiger. Also: Sparfüchse aufgepasst!

Vielfalt im Regal — Zeit für eine kleine Übersicht:

(verbunden mit einem kleinen Geheimtipp)


“Yuan Fa”, Fahrgasse 90

Dies dürfte der bekannteste, da überaus zentral gelegene asiatische Supermarkt Frankfurts sein. Auch ich bin hier besonders oft und gerne, schließlich liegt der Markt irgendwie immer sowie auf dem Heimweg.

In Spuckweite zur Konstablerwache präsentiert er sich — wie könnte es auch anders sein — in einem schmucklosen Klotz von Gebäude. Hinter den Glasfassaden winken überdimensionale Grinsekatzen, von denen man sich allerdings keinesfalls vom Betreten abhalten lassen sollte:

Innen drin wird der neugierige Besucher geradezu erschlagen vom Anblick von mit Konserven, Soßen, Gewürzen, Gemüse, Obst und Tiefkühlware gefüllten Regale und Truhen. Gekühlte Getränke (probiert das Ginger Beer!) fehlen ebenso wenig wie “Non-Food”-Artikel in Form von Geschirr, Besteck und Kochutensilien.

Ich liebe es, hier einfach durch die Gänge zu irren, mich in die schmucklose Zeit der ersten Discounter der 1970er Jahre zurück versetzt zu fühlen, und immer wieder Unbekanntes zu entdecken.

Das Personal ist immer auf Trab und steht — ist es auch noch so gestresst — gern beratend zur Seite.

“Deutsche sind wohl wenig experimentierfreudig “

So auch Chinese Thao, 47, dem ich fix ein paar Fragen stelle.

Hallo auch, Thao! Die asiatischen Supermärkte in Frankfurt habe ich ja schon länger für mich entdeckt. Wie lange gibt’s euch eigentlich schon hier?

Unsere Filiale hier unweit der Konstablerwache existiert jetzt seit 4 Jahren. Die im Bahnhofsviertel in der Kaiserstraße aber schon seit ganzen 16!

Das ist eine lange Zeit! Dennoch habe ich nicht viele Bekannte, die oft zu euch kommen. Wer ist eigentlich euer “Durchschnitts-Kunde”? Wer kauft gern bei euch ein?

Ganz klar: Zu 80 Prozent besteht unsere Kundschaft aus Asiaten. Deutsche dagegen sind ein eher selten Anblick. Liegt wohl daran, dass sie in der Küche wenig experimentierfreudig sind.

Du gehst also vermutlich selbst oft hier einkaufen?

Selbstverständlich! Vor allem von unseren Austersaucen kann ich gar nicht genug bekommen!

Zum Schluß verrate mir doch: Warum sollte man ausgerechnet bei euch einkaufen? Worin seid ihr besser als die stetig wachsende Konkurrenz in der Stadt?

Schau dir doch einmal unsere Auswahl an! Wir haben die beste Lage, direkt an der Zeil — und dennoch faire Preise. Außerdem tolle Mitarbeiter!

Und sonst bin ich auch immer wieder gerne auf Entdeckungs-Tour bei:

“Gutleut Asiamarkt”, Kaiserstraße 72

Warum der erst vor etwa einem Jahr eröffnete und dementsprechend noch sehr modern wirkende Supermarkt ausgerechnet nach dem Gutleutviertel benannt ist, wobei er doch auf dieser Seite der Kaiserstraße bereits zum Bahnhofsviertel — pardon: BHFSVRTL — gehört, weiß vermutlich nur der Inhaber selbst.

Ungeachtet dieser Tatsache lohnt sich ein Besuch:

Der Markt besticht mit überaus günstigen Preisen, seiner Lage unweit des Hauptbahnhofs sowie seinen aufgeräumten Sortiment. Dicker Pluspunkt: Auch sonntags ist geöffnet, und zwar von 10 bis 20 Uhr!


“Siglo Asia Markt”, B-Ebene Frankfurt Hbf

Durchreisende wie Einheimische können sich hier gleichermaßen über einen relativ großen Supermarkt freuen, der neben einer gigantischen Auswahl an verschiedenen Fertiggerichten auch frisches Gemüses, Tiefkühlware und obendrein eine Menge Teesorten und Geschenkideen in Form von Dekorations- und Küchenartikeln bietet.

Das Sortiment an scharfen Saucen, Chilipasten und Tofu ist leider relativ überschaubar, dafür hat der “Siglo Asia Markt” aber ebenfalls am Sonntag geöffnet.

Gelegen in zugegeben nicht unbedingt ansehnlichen B-Ebene des Frankfurter Hauptbahnhofs ist er aber in jedem Fall zentral gelegen und verfügt somit über einen “Bahnanschluss direkt vor der Ladentür”.


“Mr. Asia Lebensmittel”, Wiesenstraße 34

Kleiner, aber feiner Asia-Supermarkt unweit des Bornheimer Uhrtürmchens.
(Noch?) konkurrenzlos im “lustigen Dorf”, ist hier die Auswahl nicht allzu vielfältig.

Dennoch sind alle “Basics” wie Chilipasten, Austern- und Sojasoße sowie frischer Tofu erhältlich. Das Personal ist ganz besonders herzlich, der Laden wirkt hell und aufgeräumt.

Klare Empfehlung nicht nur für Bornheimer!


Spicelands”, Kaiserstraße 60 — Das Beste kommt zum Schluss

Zum Schluss ein absoluter Geheimtipp!

Der von außen relativ unauffällige Markt sollte statt “Spicelands” eigentlich “Lands of everything” heißen. Zwar gibt’s hier nahezu jedes nur erdenkliche Gewürz aus aller Herren Länder im Regal zu finden, darüber hinaus ist der Markt aber quasi der Vollsortimenter unter den Asia-Märkten!

Ein eigener Kühlraum für frisches Obst und Gemüse, meterlange Kühltruhen-Schlangen, ein unüberschaubares Sortiment von Soßen, Pasten, Nudeln, dutzenden Sorten von Reis (sogar im praktischen 30 Kilo-Beutel!) bilden nur das “Basic-Sortiment”. Neben Lebensmitteln sind nämlich auch Hygiene-Artikel ebenso erhältlich wie gekühlte Getränke einheimischer wie fremdländischer Herkunft.

Wer noch eben Kippen braucht, kann sich an der Kasse an einer Auswahl erfreuen, auf die manches Tabakgeschäft wohl neidisch wäre — ja, eigentlich gibt es nichts, was es hier nicht gibt.

Ich kann jedem nur empfehlen, einfach mal vorbeizuschauen und zu staunen.

Das ist — Achtung, festhalten! — sogar sonntags möglich, und das bis Mitternacht.

Wenn ihr also künftig feststellen solltet, dass mal wieder ausgerechnet sonntags das Klopapier alle ist, braucht ihr künftig keine Panik mehr zu bekommen oder gar alte Zeitungen zweckentfremden.

Ich liebe diese Laden — .einer meiner ganz persönlichen Geheimtipps in dieser so bunten Stadt, die mich immer wieder Neues entdecken lässt.


Also: Traut euch doch mal was Neues, und tätigt euren Einkauf mal in einem der vorgestellten Asia-Märkte statt bei REWE. Auch, wenn diese keine Payback-Karten akzeptieren. Es lohnt sich!

By MatzeFFM on September 5, 2016.

Exported from Medium on September 22, 2016.

Wo das Döner-Boot schläft

 

…‘n kleiner Fun-Fact zum Wochenende.

boot

Endlich konnte ich eines der letzten für mich übrig gebliebenen Rätsel der Stadt lösen:

Was macht eigentlich das mittlerweile ziemlich berühmte und gar in Reiseführern erwähnte „Döner-Boot“, namentlich „Meral’s Imbiss“, wenn es nicht gerade Schlangen von nach Fisch im Fladenbrot hungernden MainCafé-Gästen versorgt?

Es ankert doch tatsächlich nächtens direkt am Sachsenhäuser Ufer neben dem Yachtklub. Dort wird es geschrubbt (muss es eigentlich auch betankt werden?) und mit Vorräten versorgt, um auch am nächsten Tage wieder an gewohnter Stelle als richte Frankfurter Institution vorgefunden werden zu können.


Wieder was gelernt!

By MatzeFFM on September 3, 2016.

Exported from Medium on September 22, 2016.