Ich schau’ ja nur selten Fernsehen.
Wenn ich nachts um 2 vom Dienst nach Hause komme, dann klicke ich mich eben lieber durch Youtube – statt mir im Fernsehen Wiederholungen sinnbefreiter Doku-Soaps im Privatfernsehen oder Reportagen über Verschrottungen von Flugzeugträgern auf N24 anzuschauen.
Klar, auch Youtube hält jede Menge Videos fragwürdigen Mehrwerts bereit. Allerdings auch viele, die mein stadtgeschichtlich interessiertes Frankfurter Herz höher schlagen lassen!
Wie zum Beispiel auch mein jüngstes Fundstück:
Die Sonderausgabe der “Hessenschau” zur Eröffnung der Frankfurter U-Bahn im Jahre 1968.
Eine Reise in die “gute, alte Zeit”
Findet ihr es nicht auch herrlich, auf alten, schwarz-weißen Filmaufnahmen ein wenig am Duft der “guten, alten Zeit” zu schnuppern?
An mich selbst war 1968 noch lange nicht zu denken, und mit großer Sicherheit war unsere Welt auch damals nicht voll Sonnenschein. Dennoch wirkt das damalige Leben auf mich in der Retrospektive immer ein großes Stück weit entspannter. Ein wenig naiver vielleicht, ja -. aber vor allem: Lockerer.
Ein Bürger im Sonntagsanzug, der in breitestem hessisch in das überdimensionale Mikrofon eines akkurat gescheitelten Moderators spricht. Ein Hoch auf die Frisurcreme!
Dichtes Gedränge am frisch eröffneten Tiefbahnsteig. Hostessen mit Schiffchen sollen für Ordnung sorgen, auch eine von ihnen wird vom Moderator interviewt.
“Wir sollten irgendwelche Ordnung schaffen, das ist uns aber nicht gelungen”, sagt die adrette junge Frau. ganz unverblümt. “Dann haben wir Polizeischutz geholt, und anschließend wurden wir eingesetzt, um irgendwie freundliich zu sein”.
Ich möchte sie knuddeln für ihre Hilflosig- und Ehrlichkeit. Was aus ihr heute wohl geworden ist?
Bildrechte: “Pietschmann2”, Wikipedia
U-Bahn? Schon längst nur schnöder Alltag
Wie oft eilen wir heute gestresst durch die unterirdischen Wirrungen der Frankfurter U-Bahn-Stationen? Das Fahren mit der U-Bahn ist für Frankfurter im Jahre 2017 schon längst nichts weiter als Bestandteil des schnöden Alltags.
Ist es nicht umso schöner, einmal zu sehen, dass eine U- Bahn eben NICHT selbstverständlich ist? Dass es mitunter ein langer Kampf war, dass sich aus der Bevölkerung auch viel Widerstand regte?
Längst rollen weitaus modernere Züge durch die Tunnel als jene, die zur Eröffnung feierlich geschmückt wurden. Und längst denkt niemand mehr an das Spektakel, das auf dem Bahnsteig der Hauptwache vor fast 50 Jahren stattfand.
Wenn ich das nächste Mal wieder genervt vom Gedränge der Hauptwache bin, dann werde ich kurz innehalten – und mir die Szenen aus der “Hessenschau” vor Augen halten.
Ich werde kurz innehalten und schmunzeln. Werde an den Herren im Sonntagsanzug denken, an die überforderte Hostesse unter ihrem Schiffchen.
An Frisiercreme.
Und werde vor allem eines: Einfach mal kurz dankbar sein.
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