Morgenliebe

… wenn ein Sommertag beginnt.

morgenliebe

Es gibt nicht viele Gründe dafür, sich sonderlich gerne mitten in der Nacht aus dem Bett zu quälen, um bereits eifrig den Dienst zu versehen, während der Rest der Stadt noch schläft.

Und dennoch gibt es sie. Diese Momente, die mich immer wieder dennoch Unausgeschlafenheit, Missmut und Arbeitshektik vergessen lassen.

Momente wie jenen heute früh. Es ist gerade einmal kurz nach 6, ich bin schon seit vier Stunden unterwegs, und überquere mit dem ICE die Deutschherrrenbrücke gen Norden.

Die just aufgehende Sonne streichelt mir über das verschlafene Gesicht, spiegelt sich gleißend im Main. Der Osthafen erwacht zum Leben.

Ein immer wieder wunderschöner Anblick.

Ich seufze, nippe an meinem Kaffee und schmunzele:

Ihr alle, deren Wecker in diesem Moment klingelt und euch zur Pflicht ruft: Ihr alle werdet noch lange im Büro schmoren, wenn ich schon längst am Wasser liege und meinen Feierabend genieße. Mir die Sonne auf den Pelz knallt, die bis dahin an ihren Zenit gewandert ist.

Vorerst begnüge ich mich mit dem wunderbaren Anblick dieser Szenerie. Ist eben doch nicht immer alles schlecht. Auch am Frühdienst nicht.

Trotzdem werd’ ich noch einen Kaffee bestellen. Und mich darüber freuen, dass ich nächste Woche spät arbeite.

By MatzeFFM on August 24, 2016.

Exported from Medium on September 22, 2016.

Der Frankfurter “Foto-Slam”

…. “dabei sein ist alles!”

Als regelmäßiger Leser des “Berger-Straßen-Blogs” wurde ich auf einen Artikel über den “Frankfurter Foto-Slam” aufmerksam. Mein Interesse war auch prompt geweckt — und hey, ein “Poetry Slam” findet ja längst in jeder zweiten Eck-Spelunke statt. Obendrein bin ich auch ein größerer Freund der hohen Kunst der Fotografie Fotografie denn des poetischen Machwerks. Klar, dass ich mir den nächsten “Foto-Slam” nicht entgehen ließ. Was mich dort erwartete?

Zuallererst der überaus ungewohnte Anblick der Bornheimer Raucherkneipen-Institution “Lebensfreude Pur” bei Tageslicht. Zumal ich diese stets verrauchte und gefühlt wirklich immer geöffnete Kneipe wohl zum ersten Mal vollkommen nüchtern aufsuche. Diese ist Ausgangspunkt für jeden “Foto-Slam”, ein Umstand, der nicht gänzlich zufällig ist:


Hinterm Tresen: Organisator Jürgen

Schöpfer und Organisator des Slams, Jürgen, steht dort für gewöhnlich hinter dem Tresen; als ich am frühen Abend — bewaffnet mit DSLR — dort eintreffe, ist er jedoch ausnahmsweise davor zu finden, während er die 15 Teilnehmer begrüßt, welche gegeneinander antreten werden.

Die Idee zum Slam sei ihm gemeinsam mit einem befreundeten Fotografen beim abendlichen Bier gekommen, sagt er — und erklärt uns kurz die Regeln:

Jeder der Teilnehmer schlägt zunächst ein Motto für die Bilder vor, welche heute Abend gegeneinander antreten werden. Die Vorschläge werden notiert und in einen Hut geworfen, aus dem dann ein Motto für die Motive des Slams ausgelost werden.

 

Heute Abend lautet dieses: “KOMMUNIKATION”.

Nun hat jeder Teilnehmer exakt eine Stunde Zeit, um ein einziges entsprechendes Werk anzufertigen. Die Wahl der Kamera steht hierbei vollkommen frei, auch Smartphones dürften verwendet werden. Während der Stunde darf sich im gesamten Stadtgebiet bewegt werden — wie gut, dass ich mit Fahrrad angereist bin!

Nach Ablauf der Stunde werden die entstandenen Bilder eingereicht und — nummeriert — auf einem großen Monitor zur Abstimmung vorgeführt. Diese erfolgt ein wenig wie die letzte Wahl der Stadtversammlung:

Jeder erhält drei Stimmen, die er in Form von Kaffeebohnen auf die mit den jeweiligen Nummern der präsentierten Werke versehenen Schnapsgläsern wirft. Es dürfen insgesamt drei Bohnen verteilt werden, sowohl mehrfach für ein einziges Bild als auch verteilt auf mehrere. Und am Ende gewinnt — ganz klar! — das mit den meisten Stimmen.

Nun aber auf in den Kampf: Ich hab’ da nämlich auch prompt so eine Motiv-Idee zum Thema “Kommunikation”.

Eine Telefonzelle soll es werden! Idealerweise mit einer telefonierenden Person als Motiv.

Es gilt also zunächst, eine Telefonzelle zu finden. Und, ohjeh, wer hätte gedacht, wie schwierig sich dieses Unterfangen im Jahre 2016 gestaltet?

Google Maps hilft nicht wirklich weiter, auch die Online-Recherche nach “Telefonzelle in Frankfurt finden” sowie eine Anfrage bei der Deutschen Telekom sind nicht sonderlich erfolgversprechend. Da bleibt nur das ziellose Umherfahren mittels Fahrrad.

Irgendwann finde ich dann doch ein solch rares Exemplar, und zwar unweit der Straßenbahn-Haltestelle “Habsburgerallee”. Fehlt noch ein Model, welches zu telefonieren vorgibt und sich auch optisch für den angestrebten Titelgewinn eignet.


Hiermit hoffe ich auf den Titelgewinn. Ob’s klappt?

Die fünfte Person erklärt sich schlußendlich — wenn auch etwas irritiert — dazu bereit, mal eben so zu tun, als würde sie ein Telefonat am öffentlichen Fernsprecher führen.

Zack, klick, klack, Bild im Kasten — und ich radele geschwind zurück in die “Lebensfreude Pur”, um rechtzeitig vor Ablauf der 60 Minuten mein Bild einzureichen.

Puh, welch ein Stress. Darauf erstmal ein Bier am Tresen bestellen und mit den anderen Wettbewerben ins Gespräch kommen.

Als anschließend uns allen die Bilder präsentiert werden, bin ich baff erstaunt, in welcher Art und Weise die Anderen das Motto umgesetzt haben.

Kollektive Begutachtung der eingereichten Werke

Auf meine vermeintlich grandiose Idee mit der Telefonzelle kam dann lustigerweise ebenfalls ein anderer Mitbewerber, und wir lachten gemeinsam über unsere verzweifelten Versuche, eine Telefonzelle als Motiv zu finden. Gab’s die nicht mal an jeder Straßenecke?

Wir schreiten zur Abstimmung, die Bohnen werden verteilt. Ich verteile meine Stimmen auf drei verschiedene Werke:

Eine Aufnahme der Mobilfunk-Antennen auf einem Haus in der Innenstadt vor strahlendem Abendhimmel, einer Szene einer jungen Frau, die vor einem großen Wandportrait auf der oberen Berger auf ihrem Smartphone tippt, sowie einer Schwarz-Weiß-Aufnahme von plaudernden Jugendlichen am Bornheimer Uhrtürmchen.

Interessante Form der Abstimmung: Kaffeebohnen in Schnapsgläsern

Als die Stimmen ausgezählt werden, bin ich gespannt: Wie viele meiner Konkurrenten werden ihre Stimme wohl an mein Foto vergeben haben?

Die ernüchternde Antwort: Keine. MatzeFFM: ZeroPoints.
“Dabeisein ist Alles!”, tröste ich mich — und freue mich für Alexander (41), der bereits zum zweiten Mal dabei ist und eigens aus Mainz angereist ist.

Gewonnen hat nämlich sein Portrait der jungen Frau mit dem Smartphone vor dem Graffiti, für das auch ich votiert hatte.

Alexander bekommt Bier aufs Haus, wir stoßen an auf seinen Sieg — und lassen den Abend gemütlich ausklingen. Auch auf einen nächsten Termin einigen wir uns schnell.

Tadaa: Das Gewinner-Bild von Alexander aus Mainz.

Wollt auch Ihr unter Beweis stellen, welch talentierten Fotografen Ihr seid?

Dann schaut doch mal auf der Facebook-Seite des “Foto-Slam Frankfurt” vorbei. Dort findet Ihr auch die Termine der folgenden Slams. Eine Teilnahme lohnt sich — wirklich jeder ist willkommen, egal ob Hobby-Knipser oder ambitionierter Profi-Fotograf.

Ein großer Spaß ist es allemal, gänzlich unvorbereitet durch die Stadt zu düsen und ein zum Thema des Abend passendes Foto zu kreieren.

“Poetry Slam” ist schließlich sowas von 2012!

By MatzeFFM on July 15, 2016.

Exported from Medium on September 22, 2016.

Ein Tag in Frankfurt. In (fast) 24 Bildern.

 

Und schwarz-weiß.

Back to the roots!

Auf manche Projektideen kommt man ja wie die Jungfrau zum Kinde. So war es zwar keine göttliche Eingebung, dafür ein sonniger Nachmittag bei STERN-Kaffee im “Place to be”, welcher mir ein neues, kleines Hobby bescherte.

Während ich mich gemütlich in meiner heißgeliebten Hollywood-Schaukel der Lektüre der “Rundschau” widmete und meine Blicke streifen ließ, wurde ich auf eine junge Frau aufmerksam. Oder besser: Auf die prähistorisch anmutende Kompaktkamera, die vor ihr stand. Ich wurde neugierig, und sprach sie auf ihr mitgebrachtes Relikt aus alten Tagen an.

Wir kamen ins Gespräch, sie erklärte mir ihre Vorliebe für die analoge Fotografie. Bewusster knipsen, gespanntes Abwarten der Film-Entwicklung, die Spannung und Überraschung beim erstmaligen Betrachten der eigenen Werke — ich glaubte, zu verstehen, welche Reize sie meinte.

Ein Tag später, ein Besuch bei den lieben Eltern in der alten Heimat. Beim Essen (bei Mutti schmeckt’s am besten!) erzählte ich meinem Vater (liebe Grüße an dieser Stelle, Dad!) von meinem gestrigen Gespräch mit der Liebhaberin der Analog-Fotografie.

Und mein Vater wäre ja nicht mein Vater, würde er mich nicht immer wieder mit seinem Unvermögen überraschen, sich von Dingen auch nach 10 Jahren des Nicht-Benutzens einfach mal zu trennen. “Eine analoge Kamera — hätte ich da! Magst du sie haben?” — klar wollte ich! Unnötig zu erwähnen, dass er mich nach kurzer Wühlerei in den Untiefen seiner Schubladen auch noch mit einer neuen Batterie sowie einen schwarz-weiß-Film mit 24 Aufnahmen ausstatten konnte.

Ich konnte mich fortan also einen stolzen Besitzer einer analogen Kompaktkamera nennen, mit der ich in der Lage war, 24 schwarz-weiß-Bilder anzufertigen.

Ein kleine Projekt-Idee entsteht

Prompt wusste ich, was ich tun wollte: Einfach mal einen Tag lang die Kamera am Manne führen, 24 Momente des Frankfurter Stadtlebens einfangen: Und schauen, was dabei herauskommt.

Und genau das habe ich getan. Mit dem Fahrrad unterwegs in der Stadt, an einem Mittwoch in Frankfurt am Main, spontan Szenen in schwarz-weiß festhalten.

Schlappe 12 Tage später (jaaaaha, meine lieben Leser — es gilt geduldig zu sein in der Welt Analog-Fotografie!) durfte ich dann auch mächtig stolz meine Bilder in Empfang nehmen. Okay, okay — von den ursprünglich geplanten 24 Aufnahmen des Reigens blieben dann nur 20 übrig. Vier Aufnahmen habe ich dann wohl vergeigt. Shit Happens!

Was dabei herauskam? Schaut doch selbst in meinem nun folgenden Bilderbogen.

“Ein Tag in Frankfurt in (fast) 24 Bildern. In schwarz und weiß”.

 

Auf der Fahrt dem Mainufer entlang: Zwei Damen beim angeregten Plausch im Circus-Café

 

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Am MainCafé angekommen: Ich lieben das Panorama, das man bei kühlem Apfelwein dort genießen kann.

 

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… und auch um mich herum weiß man die dortige Gemütlichkeit zu schätzen.

 

Ebenfalls unweit des Cafés: Das mittlerweile stadtbekannte “DönerBoot”. Ausnahmsweise mal ohne lange Schlange.

 

Ortswechsel: Auf der Fahrt durch die Innenstadt entdecke ich einen alten Reklameanstrich an einem Gebäude nördlich der Konstablerwache, welches nach dem Entfernen einer Plakatwand dort entdeckt wurde. Es stammt wohl aus an einer Zeit, an dem “Südfrüchte” noch explizit beworben wurden.

 

Ich bleibe bei der Feinkost: Beim anschließenden Besuch im Asia-Supermarkt fotografiere ich die mit fernöstlichen Köstlichkeiten gefüllten Regale. Ich liebe Frankfurt für seine Vielfalt — auch bei der Auswahl beim Lebensmitteleinkauf!

 

Weiter geht es durch die Innenstadt: Szene an der “Trinkhalle Fein” — ein ehemaliges Wasserhäuschen, welches von der charmanten Besitzerin zum süßen Café umfunktioniert wurde.

 

Ich überquere den Main. Von den Mainbrücken aus bietet sich ein immer wieder atemberaubender Anblick der über der Stadt thronenden Skyline.

 

Zeit für eine Pause: Natürlich im “Place to be”, der Geburtsstätte meines neuen Hobbies. Meine freie Zeit verbringe ich hier besonders gern — bei Stern Kaffee, Zigaretten und der Zeitungslektüre.

 

Mein allerliebstes Wandbild: Der große Tigerkopf im “Place to be”.

 

Direkt nebenan in der Töngeskasse halte ich gern Ausschau nach gebrauchten Schinken. Und knips!

 

Etwas versteckt habe ich ein echtes Stückchen der Berliner Mauer entdecken können. Auch eine Horde japanischer Touristen zückte entzückt die Fotoapparate.

 

Ich muss gestehen, ich habe keine Ahnung, welch hässliche Bausünde hier genau abgerissen würde. Schade ist’s jedenfalls nicht drum — und die trostlose Fassade bietet mir immerhin ein spontanes Foto-Motiv.

 

Nochmal das “Place to be”: Man lümmelt hier gern auf Sperrmöbeln. Ich inklusive — shabby, but comfortable. We are so Berlin!

 

“Licht und Liebe”: Ich besuche ein Konzert, welches ein guter Freund (hey, Micha!!) in einem neu eröffneten Store für Designer-Einrichtungsgegenstände organisiert hat. “Licht und Liebe” — mehr braucht es auch zum Fotografieren nicht. Oder?

 

Auf dem dortigen Konzert fange ich die dortige Atmosphäre beim Auftritt ein.Sitzplätze sind derweil rar.

 

Habe ich bereits erwähnt, dass ich immer wieder viel zu viel Geld auf dem Wochenmarkt rund um das Bornheimer Uhrtürmchen lasse? Ein Hauch von dort mitten in der Großstadt. Ein kurzer Zwischenstopp zwecks Obsteinkauf bewegt mich zu dieser Aufnahme.

 

Ha, und natürlich darf auch so’n richtiges Touri-Motiv nicht fehlen: Der Römerberg in seiner ganzen Pracht.

 

Joa, und auch eine von unbekannten Künstlern “verzierte” Toiletten-Wand muss als Motiv herhalten.

 

Nun klebe ich die Aufnahmen in ein Foto-Album. Versehen mit fein säuberlichen Beschriftungen — wie sich das gehört, ha!

Ich fühle mich ein wenig nostalgisch und werde ein wenig sentimental, weiß der Teufel, warum.

Und in meinem Kopf reift bereits eine Idee für eine nächste Bilderserie meines neuen, kleinen Hobbies. Seid gern gespannt!

By MatzeFFM on July 30, 2016.

Exported from Medium on September 22, 2016.

Frankfurt vs. Berlin

„Frankfurt ist das neue Berlin“ –  dies verheißt der Schriftzug auf diversen Aufklebern, die man überall in der Stadt entdecken kann. Und auf Turnbeuteln und T-Shirts prangt gar ein fettes „BERLIN KANN JEDER — FRANKFURT IST KUNST!“. Selbstbewusstsein haben wir ja, wir Frankfurter. Doch ist unsere Mainmetropole der Hauptstadt tatsächlich ganz und gar überlegen? Ich war malwar zu Besuch in Berlin und wagt einen Direktvergleich mit Augenzwinkern…

Ich lebe wirklich gern in Frankfurt, aber auch mich packt hin und wieder das Fernweh. Einfach mal ein paar Tage weg, Main und Skyline den Rücken kehren. Mal was anderes sehen, treiben lassen, durchatmen. Freunde besuchen. Zum Beispiel in Berlin — Hauptstadt der Republik, der unerfüllten Sehnsucht, aller Trends sowieso. Und praktischerweise in gerade einmal knapp über 4 Stunden bequem mit dem ICE aus von Frankfurt erreichbar. So machte ich mich jüngst für ein paar Tage auf an die Spree — mit dem festen Vorsatz, herauszufinden, ob Frankfurt nun wirklich das „neue Berlin“ ist. Oder ob in Berlin tatsächlich alles fescher, schneller, trendiger ist. Zu welchen Schlüssen ich in meinem Direktvergleich wohl gekommen bin?

Hier ist er, mein ultimativer Städte-Vergleich: 
Ring frei für “Frankfurt vs. Berlin”! 

 

Cafés

Erste Mission:
Ganz klar, erstmal `n schickes Café finden und einen Blick in die Zeitung werfen. An Cafés herrscht sowohl in Frankfurt als auch in Berlin kein Mangel  – am Kaffeedurst dürfte jedenfalls in beiden Städten noch niemand gestorben sein.

Allerdings sind diese in Berlin von außen viel schwieriger als Kaffeehaus zu identifizieren. Große Namenszüge an der Fassade sucht man ebenso vergeblich wie die Frankfurter Rundschau. Oftmals hilft nur ein Blick hinter die Scheibe, um feststellen zu können, ob man es mit einer leerstehenden Ladenfläche oder einem Café zu tun hat. Gelegentlich vereinfachen zahlreiche helle Apple-Logos auf Rückseiten von aufgeklappten Macbooks allerdings das Auffinden.

Innendrin dann aber: Ganz, ganz viel Charme! Auch wenn die Inneneinrichtung gern mal vom Sperrmüll stammt oder bei der letzten Haushaltsauflösung abgegriffen wurde, so bin ich begeistert vom schnuckeligen, minimalistischen Flair der Berliner Café-Welt. So leid es mir tut: 1:0 für die Hauptstadt!

 

Rowdytum vs. Ampeltreue

Interessante Feststellung: Als Frankfurter bin ich es gewöhnt, Ampeln allenfalls als dekoratives Schmuckelement einer jeden Kreuzung zu betrachten. So wie alle anderen hier eben auch. Ein Blick auf die Straße, kommt kein Auto: Laufen! Ob da jetzt gerade grün oder rot ist, auch wurscht. Eine Art großstädtisches Rebellentum vielleicht. Das mag man hier gewöhnt sein, in Berlin ist man es offensichtlich nicht.

Beim Versuch einer Straßenüberquerung wurde ich von einer ganzen Horde Wartenden rüde zurechtgepfiffen („Is‘ noch rot!“), als ich es wagte, eine rote Ampel überqueren zu wollen, obwohl weit und breit kein Auto in Sicht war.

Meine Sinne geschärft für dieses Phänomen, machte ich diese Beobachtung fortan ständig: Ob Hipster, Geschäftsmann oder Obdachloser: Wenn rot ist, dann is` rot und man wartet geduldig im Kollektiv, bis eben grün ist. Abweichler werden nicht geduldet. Mag vielleicht daran liegen, dass die Ampelmännchen in Berlin auch viel niedlicher sind. Verdammter Mist aber auch: Schon wieder ein Punkt für die Hauptstadt!

 

Wochenmarkt Konsti vs. Wochenmarkt Neukölln

 

 

 

 

 

 

 

Kleiner Abstecher nach Neukölln. Ist ja schwer am kommen, munkelt man. Direkt am Hermannplatz (quasi das Zentrum von Neukölln) findet — analog zu unserer Konsti als Zentrum unserer Stadt — dann auch ein Wochenmarkt statt.

Oder zumindest das, was man hier so „Wochenmarkt“ schimpft. Ein paar Stände mit Obst und Gemüse, die obligatorische Bratwurstbude daneben — fertig ist der urbane Bauern-Basar.

Ein Weinstand, an dem die gesamte Stadt zusammenfindet und den Feierabend zelebriert? Ein gigantischer Stand mit endlosen Warteschlangen von Frankfurtern, die auf ihren heißersehnten Schluck frischen „Rauscher“ warten? Ein gigantisches Angebot von Obst und Gemüse, von dem der Durchschnittsdeutsche bis dato noch nie gehört hat? Fehlanzeige, gähn. Grabredenstimmung in Neukölln. Das kann Frankfurt besser!

 

Kleinmarkthalle vs. Markthalle Neun

 

Wir bleiben kulinarisch: Wofür man unsere Kleinmarkthalle so lieben kann, brauche ich euch nicht zu erklären. Und auch über ihre Vorzüge wurde wohl schon alles geschrieben.

Umso neugieriger wurde ich, als ich erfahren habe, dass es in Berlin ein Pendant gibt: Die „Markthalle 9“, eröffnet in einer ehemaligen Eisenbahnwerkstätte in Kreuzberg. Also: Nix wie hin!

Als ich die große Flügeltüre in die Halle hinein öffne, bin ich zunächst begeistert. Ja, die großen Stahlbögen und die Dachkonstruktion machen schon was her und allemals mehr Eindruck als das baufällige Gerippe unserer Kleinmarkthalle. Nachdem ich die wunderschöne Halle ausgiebig bestaunt habe, schaue ich mich ein wenig um. Es folgt Ernüchterung.

Es ist mittags um 12, und ich bin gefühlt der einzige Besucher — während ich in Frankfurt vermutlich bereits eine Stunde Wartezeit in der Schlange vor der Metzgerei Schreiber verbringen dürfte. Es herrscht allgemeine Tristesse. Ferner stehen überall die obligatorischen Food-Trucks (was haben die bitte hier zu suchen?!) herum, welche immerhin lustige Bezeichnungen tragen: Dass die „Tofu-Tussies“ hier Fleischersatz aus Soja kredenzen, bringt mich immerhin zum Schmunzeln.

Abschließend stelle ich mir noch die Frage, was zum Teufel eine Kik-Filiale sowie ein Aldi in einer Markthalle zu suchen haben und schicke ein Stoßgebet gen Frankfurt. Ganz klarer Sieg für unsere geliebte Kleinmarkthalle!

Kneipen

Richtige Kneipen gibt’s in Berlin an jeder Ecke. Allerdings sind diese — ähnlich wie die oben beschriebenen Cafés — nicht immer eindeutig als solche zu identifizieren, da von außen mehr als unscheinbar.

Auch bei den Kneipen scheint man ganz und gar auf Bodenständigkeit und Minimalismus zu stehen. Die Inneneinrichtung wohl noch aus Nachkriegstagen, das letzte Mal gewischt zur Mondlandung, der Kicker notdürftig auf Bierkisten abgestützt: Egal, es zählen schließlich die Menschen!

Und die amüsieren sich hier trotzdem prächtig, so wie auch ich. Liegt vielleicht auch an den Preisen, die als ebenso bodenständig zu bezeichnen sind: Großes Bier 1,50, Gin Tonic 3,80 — dafür gibt’s in Frankfurt wohl nicht mal ein Glas Leitungswasser. Das Publikum macht auch sonst einen lockeren Eindruck auf mich und ich komme unweigerlich schnell ins Gespräch. Da ist Frankfurt doch deutlich versnobter und un-authentischer. Und urige Kneipen gibt’s am Main sowieso viel zu wenige.

Ganz klarer Sieg für Berlins Kneipenwelt!

 

VGF vs. BVG

„Du hast auch frei? Klasse, dann komm‘ ich dich auf einen Kaffee besuchen. Bin gleich bei dir!“ — diesen Satz kann man in Frankfurt nahezu immer sagen, denn egal wo man in der Stadt auch wohnt, die Wege sind kurz. Vom einen Ende zum Anderen der Stadt braucht der Frankfurter mit dem Nahverkehr der VGF allenfalls eine Stunde, innerhalb der Innenstadt ist man meist sogar deutlich schneller am Ziel oder kann gleich ganz mit dem Fahrrad fahren.

Und hat man sich erst einmal in das Frankfurter Nahverkehrs-System hineingefuchst, gelingt es auch schnell, „blind“ zu fahren. Einen Blick auf den Fahrplan kann man sich dann sparen, denn die Bahnen und Busse fahren in hoher Frequenz und die Anzahl der Umsteigevorgänge hält sich in Grenzen.

Völlig anders hingegen in Berlin: Hier wird der Besuch beim Kumpel schnell zum Tagesausflug. Mag sein, dass ich mich einfach noch nicht gut genug auskenne in Berlin, aber das dortige Nahverkehrs-System überfordert mich völlig. Von einem Ziel zum anderen präsentiert mir die Auskunfts-App gleich unzählige verschiedene Fahrtmöglichkeiten mit Tram, U-Bahn, Bus und S-Bahn. Umsteigen scheint grundsätzlich mit viel Lauferei verbunden und allein der Anblick des Liniennetzes verursacht mir Schwindel und Kopfschmerzen. Nun ja, vielleicht bin ich auch einfach zu blöde für den Berliner Nahverkehr.

Punkt jedenfalls für Frankfurt, hier verstehe sogar ich das Unterwegssein mit den „Öffentlichen“ und kam immer schnell ans Ziel. Bisher zumindest.

 

Wasserhäuschen vs. Späti

Auf unsere Wasserhäuschen sind wir Frankfurter ja — vollkommen zurecht, wie ich finde! — mächtig stolz. Nicht ohne Grund schreiben wir uns sogar ihre Erfindung auf die Fahnen. Und schon lange sind die „Büdscher“ nicht mehr als Treffpunkt für düstere Gestalten und einsamen Mitbürgern mit Alkoholproblem verschrien.

Im Gegenteil: Einige der Wasserhäuschen avancierten gar zum Szenetreff und fungieren — ausgestattet wie ein vollwertiges Café — als nachbarschaftliche Wohnzimmer. So zum Beispiel das mittlerweile doch sehr bekannte „GUDES“ im Nordend.

Ebenso berühmt ist aber auch Berlin für seine „Spätis“. Und diese walzen unsere Wasserhäuschen hinsichtlich ihrer Öffnungszeiten (das „SPÄT“ im „Spätkauf“ wird hier wörtlich genommen), ihrer Angebotspalette sowie ihrer Präsenz (gibt es in Berlin überhaupt ein Wohnhaus ohne „Späti“ im Erdgeschoss?) in Grund und Boden.

Klarer Punktsieg also für Berlin. Aber wer weiß schon, wohin sich unsere heißgeliebten „Büdscher“ noch entwickeln werden?

 

Wegzehrung und Verpflegung

Noch so’n Ding, das dem Berlin-Besucher unweigerlich und sofort auffällt: Jeder Passant und Flaneur hat irgendeine Art von Flasche in der Hand. Ob Club Mate oder Wegbier, ohne Getränk verlässt der gemeine Berliner seine Wohnung offenbar partout nicht. Wer weiß schon, was unterwegs alles passieren mag — da mag man wohl gewappnet sein für jeden Durst, der einen unterwegs einholen mag.


(c) www.berlinfoodstories.com

Auch den Hunger unterwegs scheint man zu fürchten, anders kann ich mir nicht erklären, wie die unzähligen Imbisse an jeder Straßenecke existieren können. Zumal die Preise mir als Frankfurter durchweg günstig und betriebswirtschaftlich eigentlich nicht tragbar scheinen. Man liebt den schnellen Döner auf die Hand, die Curry-Wurst, die China-Box. Klar, dass sich in der Hipster-Hauptstadt auch längst Tofu-Schlemmerbuden und Soja-Smoothie-Stations durchgesetzt haben.

Auch hier bin ich von Angebot überfordert, und angesichts der Preise dazu geneigt, einfach von ALLEM mal zu probieren. Wow — nichts gegen ein „Fußpils“ oder einen schnellen Imbiss auf der Zeil, aber in punkto Unterwegs-Verpflegung ist meine Heimatstadt der “großen Schwester” vollends unterlegen. Sorry, Frankfurt!

FAZIT

Endstand 5:3 für Berlin!

Ganz ernst gemeint ist mein Direktvergleich natürlich nicht. Zumal „Berlin“ nicht einfach „Berlin“ ist, sondern — das vergisst man gern — jeder Stadtteil allein schon so groß ist wie Frankfurt. Und den allergrößten Teil der Stadt kenne ich nun gar nicht. Dennoch, einige grundlegende Unterschiede lassen sich schnell ausmachen, und beide Städte versprühen ihren ganz eigenen Charme. Und diesem kann man sowohl am Main- als auch am Spreeufer erliegen. Unglaublich spannend und lebendig sind beide Städte mit Sicherheit. Und können ihre Einwohner beglücken wie in ihrer Größe überfordern und in ihrer Schnelllebigkeit auffressen. Ob Frankfurt nun tatsächlich das „neue Berlin“ ist, konnte auch ich nicht abschließend klären — möge sich ein jeder selbst ein Urteil bilden….

Ich bin jedenfalls froh, hier zu leben — aber immer wieder genauso froh, in Berlin sei zu dürfen. Wo nun ein jeder sein Glück finden mag, gilt es nun freilich selbst zu entscheiden. Doch sind es nicht ohnehin allein die Menschen, die ebendieses bescheren? 

CopyRight Berlin-Foto im Titelbild: https://www.Voss-photografphy.com