Eine Radtour, die ist lustig… Unterwegs im Grüngürtel

 

Wozu in die Ferne schweifen, wenn das Schöne ist so nah?”— so sprichwörtlich wie wahr.

Vor allem, wenn man in einer Stadt leben darf, welche von einem Grüngürtel umschlossen wird, der seinem Namen alle Ehre macht!

Auf knapp siebzig Kilometern Länge führt er einmal rund um Frankfurt, durch Berge, Felder, Wald & Wiesen. Und unterwegs gibts neben allerlei Idylle auch ansonsten einiges zu sehen. Das ideale Programm also für eine sonntägliche Erkundungstour mit dem Fahrrad.

In der Stadt unterwegs ist der gemeine Frankfurter ohnehin oft genug — und ein bisschen Bewegung schadet ohnehin auch ihm nicht. Schließlich will bis zum Sommer die Strand-Figur erreicht sein — und auch mir soll ja bitteschön niemand vorwerfen, ich würde in meiner Freizeit ausschließlich in Cafés und Bars herumhängen und bei Zeitung und Wacker-Kaffee die Zeit vertrödeln. Oder gar belanglose Artikel für “hallofrankfurt” schreiben.

Spielt auch ihr mit dem Gedanken, einmal den Grüngürtel zu erkunden? Oder seid nun neugierig geworden, weil ihr bislang dachtet, Frankfurt bestünde ausschließlich aus Zeil, Nordend und Bornheim? Anbei ein kleiner Bericht über mein außerstädtisches Abenteuer — verbunden mit Tipps, Eindrücken und Bildern.

Die Vorbereitung

So ungeduldig und gespannt ich auch war — ein wenig Vorbereitung wollte wohl sein. Für diese empfahl sich mir nach kurzer Online-Recherche die “Grüngürtel-Freizeitkarte” der Stadt Frankfurt, welche kostenfrei HIER bezogen werden kann. Und wo gibt’s schließlich noch was geschenkt?

Die Karte, welche gefühlte 20 Quadratmeter misst und sich somit auch hervorragend als Abdeckplane eignet, kam dann tatsächlich auch nach wenigen Tagen portofrei per Post zu mir. Verzeichnet in ihr sind außer der Radfahrroute auch noch die Wanderwege ringsum der Stadt sowie die einschlägigen Sehenswürdigkeiten an und fernab des Grüngürtels.

Zwischenzeitlich musste ich allerdings feststellen, dass ich mir die Karten-Bestellung auch hätte sparen können. Hey, wir schreiben das Jahr 2016 — und gedruckte Karten sind sowas von 1974!

In der Fitness-App “RunTastic”, erhältlich für iOs und Android, ist nämlich bereits die Route des Grüngürtels hinterlegt, welche bequem exportiert und mitsamt praktischer GPS-Ortung genutzt werden kann.

Die gesamte Distanz des Gürtels von 70 Kilometern wollte ich dann auch nicht an gleich nur einem Tag zurücklegen. Befinde mich schließlich nicht in der Vorbereitung für die nächste Tour de France, und ein wenig Zeit für gemütliche Pausen und ein wenig Umschauen zwischendurch wollte wohl sein. In Ermangelung radfahrwilliger Freunde beschloss ich weiterhin, mich alleine auf den Weg zu machen — und dies kann ich nur empfehlen! So bleibt die Zeit, auch ganz gemütlich und spontan einmal vom Rad zu steigen und sich an den Stopps unterwegs ein wenig umzuschauen.

Schlussendlich habe ich den Gürtel dann in drei etwa gleich lange, einzelne Touren “gesplittet”. Dies erwies sich als gute Entscheidung: Mit jeweils knapp über 20 Kilometern Streckenlänge ist auch der Freizeit-Radler nicht überfordert, und es muss nicht gleich ein ganzer freier Tag für die Rundfahrt geopfert werden.

Erster Abschnitt: Vom Heiligenstock aus bis zur Altstadt Höchst

Den “Heiligenstock” kann man bequem von der Innenstadt heraus mit der Straßenbahnlinie 18 oder dem Bus erreichen. Kaum zu glauben, wie grün die Umgebung schon wenige hundert Meter hinter der Friedberger Warte wird. Das Fahrrad aus dem Bus gewuchtet, ging es dann auch direkt los. Noch ein letzter Blick auf die Route im Smartphone, und schon konnte ich durch die Felder rollen. Schnell stellte ich fest, dass der Grüngürtel wirklich gut beschildert ist — gefühlt alle zehn Meter weist der “Grüngürtel-Pfeil” den Weg, und im Grunde genommen hätte ich nicht einmal die im Smartphone hinterlegte Route benötigt.

Nach einigen Kilometern, in denen ich Fahrtwind und Wiesenduft genießen durfte, dann ein mittelalterliches Dorf: Moment mal, das ist doch Berkersheim! Und das gehört wirklich noch zu Frankfurt? Wahnsinn.

Berkersheim ist schnell durchquert, und der Radweg schlängelt sich an Niddaufer entlang Richtung Westen. Bald ist die erste Station erreicht, welche sich für eine kurze Verschnaufpause geradezu aufdrängt:

Der alte Flugplatz Bonames. Auf der ehemaligen Landebahn des alten Militärflughafens lassen sich einige Runden drehen, und im “Tower-Café” nebenan gibt’s lecker Kaffee & Kuchen. Oder auch ‘ne kalte Cola.

Die Landebahn des alten Flugplatz Bonames.Nebenan befindet sich das “Tower-Café”.

Erfrischt und beschwingt geht’s weiter der Nidda entlang, vorbei an Praunheim (wieder solch ein kleines, süßes Dorf, welches man sich nur schwerlich als Stadtteil einer Großstadt vorstellen kann) und durch den niemals enden wollenden Brentano-Park, in dem ich aufpassen muss, nicht grillende Großfamilien, Frisbee spielende Kinder und Boule-spielende Herrschaften mit dem Fahrrad umzusensen. In Rödelheim dann muss ich schließlich eher auf mich selbst aufpassen: Die alten Brücken, die hier unterquert werden, sind teils gerade einmal 1,65 m hoch. Da gilt es auf dem Fahrrad rechtzeitig den Kopf einzuziehen!

Wieder trifft Radweg auf die Nidda, nächstes Highlight: Der Niddastrand, eine Strandbar inmitten der Niddaauen. Schreit direkt nach der nächsten Pause!

Unterwegs am Niddaufer. Nett hier!

Der letzte Teil meiner ersten Etappe führt dann weiter an der Nidda entlang bis hin zur Altstadt Höchst, wo die Nidda in den Main mündet. Den Abschluss meiner ersten Grüngürtel-Tour begieße ich dann an der Alten Schiffsmeldestelle — eine Oase mit Standkörben, Sonnenliegen und Reggaemusik. Lässt sich wirklich aushalten hier!

Erschöpft rette ich mich bis zum Bahnhof Höchst, wo ich mein Fahrrad in die S-Bahn verfrachte. Natürlich nicht ohne vorher noch eine Runde durch die wunderschöne Altstadt Höchst zu drehen und mir das alte Schloss anzuschauen! Wie überrascht ich doch immer wieder von Frankfurts Schönheit bin. Und auf die zweite Etappe freue ich mich schon jetzt!

Zweiter Abschnitt: Vom Heiligenstock aus bis zur Oberschweinstiege

Für meine zweite Etappe wähle ich den selben Ausgangspunkt wie bei meiner ersten Runde: Den Heiligenstock oberhalb der Friedberger Warte. Nur starte ich diesmal gen Osten statt gen Westen. Bereits die ersten Meter haben es in sich, und als ich den Lohrberg erreiche, weiß ich wohl, warum sich dieser LohrBERG schimpft. Die schmerzenden Waden ist mir der Ausblick auf die Skyline im Tal dann aber allemal wert!

Wer mag, kann sich im “MainÄppelhaus” im Lohrpark noch einen frischen Apfelwein munden lassen, da ich meine Tour aber gerade erst begonnen habe, begnüge ich mich vorerst mit einem großen Schluck aus meiner Wasserflasche.

Nun geht’s steil bergab durch das Enkheimer Ried. Weite Feldlandschaften, Äcker, Familien nutzen den Sonntag zum gemeinschaftlichen Erdbeerpflücken. Links und rechts des Weges präsentieren sich große Weiher, in denen ich sogar Reiher und Schildkröten (!) entdecken kann. Ich erreiche Fechenheim (wusste gar nicht, wie idyllisch Alt-Fechenheim doch ist!) und zögere kurz, als mich der Grüngürtel-Pfeil dazu auffordert, die Main-Seite zu wechseln. Natürlich weiß ich, was das bedeutet: Ich wechsle über auf Offenbacher Terrain. Nun ja, sieht mich ja zum Glück niemand.

Das Offenbacher Mainufer weiß mich dann aber ebenso zu beglücken, ich mache Rast in einem zum Café umgebauten alten Eisenbahnwagen auf dem Gelände der ehemaligen Hafenbahn und quatsche ein wenig mit dem netten Betreiber sowie anderen Ausflüglern. Nochmals: In einem alten Waggon. Crazy Shit!

Weiter geht’s an der Gerbermühle vorbei, und wieder einmal lässt die folgende Steigung meine Waden schmerzen. Ich erreiche mit letzter Kraft den Stadtwald und bald darauf den legendären Goetheturm. Diesen zu erklimmen, kann ich jedem nur empfehlen! Die Aussicht vom alten Holzturm herab auf die Stadt macht mich sprachlos.

Wieder festen Boden und Pedale unter den Füßen, presche ich weiter durch den angenehm kühlen Stadtwald bis zum Ziel meiner heutigen Etappe: Der Oberschweinstiege. Dort kann sich im gleichnamigen Wirtshaus belohnt und erfrischt werden, bevor die Straßenbahn — welche praktischer weise nebenan und groteskerweise mitten im Wald hält — bestiegen werden kann. Und — zack! — nur wenige Minuten später befindet man sich wieder in der geschäftigen Innenstadt. Wahnsinn!

Dritter Abschnitt: Von der Oberschweinstiege bis zur Höchster Altstadt

Ich trete die dritte (und somit leider letzte!) Etappe meiner Gründgürtel-Radrundreise an. Die Anreise zur Oberschweinstiege erfolgt wieder mit der Straßenbahn. Direkt zu Beginn umrunde ich den Jakobiweiher, ein idyllischer Flecken Natur mitten im Stadtwald.

Auf meinem Weg durch den weitläufigen Stadtwald mit seinem Labyrinth-artigen Wegenetz entdecke ich Quellen, alte Brunnen und Denkmäler.

Irgendwann — der Weg durch den Wald kommt mir wirklich endlos vor! — erreiche ich Schwanheim. Nach kleiner Ortsrundfahrt wieder einmal die Feststellung: “Wow! Und das ist wirklich auch noch Frankfurt?”.

Ich fühle mich fernab jedes Großstadt-Trubels und genieße den Blick auf blühende Felder und den Landduft in meiner Nase, welchen ich fast vergessen glaubte. Zumindest, bis der Radweg den Industriepark kreuzt — uuuh, eher weniger idyllisch hier.

Die letzten Kilometer rolle ich dann außer Atem hinab gen Main. Und dort wartet bereits das schwimmende Highlight auf mich, welches ich mir als “ultimativen Abschluss” meiner Tour aufgespart hatte:

Die Mainfähre Höchst!

Diese bietet für einen doch eher symbolischen Obolus in Höhe von einem Euro dann die Überfahrt des Mains an. Während der Schiffsdiesel vor sich hinbrummelt, lasse ich vom Wasser aus meinen Blick auf die Altstadt Höchst schweifen.

Nachdem die Fähre das andere Ufer erreicht hat, lasse ich mich nach einigen wenigen Metern abermals in einen der Liegestühle der “Alten Schiffsmeldestelle” fallen.

Ich bin glücklich, sämtliche der siebzig Kilometer geschafft zu haben — und möchte keinen einzigen davon versäumt haben!

Rauf aufs Rad

Ich kann einen Ausflug durch den Grüngürtel jedem nur wärmstens empfehlen! Ich bin froh, in einer Stadt zu leben, in der ich in eine Tram einsteigen kann, welche mich nach nur einigen Minuten “mitten im Grünen” ausspuckt.

Verfahren kann man sich dank hervorragender Beschilderung so gut wie gar nicht. Und obendrein: Wann gelangt der gemeine Innenstädtler schließlich sonst einmal in die umliegenden, so schnuckeligen wie dörflichen äußeren Stadtteile?

Euch eine allzeit gute Fahrt und viel Freude beim Erkunden des Grüngürtels!

P.S.: Nur wenige Tage, nachdem ich die letzte Etappe absolviert hatte, wurde mein geliebtes Fahrrad dann aus dem Innenhof meines Wohnhauses im Nordend gestohlen. Das ist dann wohl die weniger schöne Seite unserer Stadt…

By MatzeFFM on June 16, 2016.

Exported from Medium on September 22, 2016.

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