“Kennste Frankfurt?” – Ein PubQuiz zum Zweiten

Schon eine Weile ist es her, da saß ich montags – einmal wie so oft – in meiner erlauchten Runde beim “PubQuiz” im Irish Pub in Sachsenhausen.

Und einmal wieder dachte ich mir: “Hey, das macht schon Spaß – aber wäre ich meinem Team doch nur eine Hilfe!”. Es hat bekanntlich ein jeder so sein Steckenpferd, und meines war und ist eben meine geliebt-gehasste Heimatstadt Frankfurt am Main. Blöde nur, dass kein dementsprechendes PubQuiz in den gängigen Veranstaltungskalendern zu finden war.

 

Es war an der Zeit, diesen Umstand zu ändern.

Ich beschloss also im Sommer letzten Jahres, diese Lücke zu füllen und ein gänzlich neues PubQuiz auf die Beine zu stellen. “Kennste Frankfurt?” – ein treffender Name war ebenso schnell gefunden wie die großartigen WIR KOMPLIZEN als Location für das Quiz gewonnen werden konnten.

A propos gewinnen: Mit den Frankfurter Stadtevents konnte ich nach einigem Schriftwechsel einen wunderbaren Sponsor für den Hauptgewinn gewinnen. Ein guter Anreiz zur Teilnahme, wie ich fand. Knifflige Fragen hatte ich innerhalb weniger Wochen zuhauf notiert – eine erste Auswahl war schnell getroffen.

Fehlten noch die Teilnehmer. Über die einschlägige Social Media-Kanäle warb ich für mein Unterfangen; und tatsächlich hatten sich für die Premiere “meines” PubQuiz schlussendlich über 60 Personen in Teams mit einfallsreichen Namen angemeldet. Noch heute erinnere ich mich an die Aufregung, welche ich vor der Moderation des Quiz empfand…

Aller Anfang war schwer…

Und so stand ich nun da, irgendwann im September 2017, vor all den versammelten Ratefüchsen bei den “Komplizen”. Ja, manch Kurzentschlossene mussten aufgrund akuter Überfüllung gar nach Hause geschickt werden. Ein Mikrofon in der Hand, jede Menge Fragen in petto.

Ich hatte nicht bedacht, dass das Mikrofonkabel ein stetiges Präsentsein gegenüber all der Teilnehmer mitunter kompliziert gestalten würden. Ja, ich hatte nicht bedacht, dass die Auswertung der Runde mit den Schätzfragen sooooo lange dauern würde.

Und dennoch: Am Ende des Abends zeigte nicht nur ich mich erleichtert, sondern sich die Teilnehmer gleichsam erfreut. Es dauerte nicht lange, bis mich erste Nachfragen zu einer eventuellen Neuauflage von “Kennste Frankfurt?” erreicht hatten…

 

Fuck yeah, Runde 2!

Irgendwann in der Vorweihnachtszeit verspürte ich dann große Lust darauf, eine Fortsetzung zu wagen. Ein kurzer Besuch bei den “Komplizen” erschaffte prompte Erleichterung: Ja klar war man dabei. Auch die Frankfurter Stadtevents stellten sich gern erneut als Sponsor zur Verfügung, ebenso wie der “FilmWerte”-Verlag aus Potsdam. Im Werbung-Machen hatte ich mittlerweile Erfahrung; dass aber nach nur einmaligem Posten der Veranstaltung das Quiz restlos ausgebucht sein sollte – damit hätte ich nicht gerechnet.

Die bisherigen Erkenntnisse von der Premiere nutzte ich dazu, nun einiges besser zu machen: Die Schätzrunde wich einer Musikrunde, ein kabelloses Mikrofon ward mir vergönnt. Spannende Fragen und Bilderrätsel hatte ich derweil schnell gefunden, sodass es nur noch abzuwarten galt. Auf den Tag, an dem ich stolze 15 Teams im Frankfurter Nordend zum heiteren Quiz-Abend begrüßen sollen dürfte.

In der Auswahl ihrer Namen übertrumpften sich die einzelnen Teams einmal wieder gegenseitig: So konkurrierten etwa “Der Unbekannte aus dem Ausland und die aufgeregten” mit dem Team “Dribbdebach’s Stolz & Vorurteil” oder den “Oigeplackten” um den Titel als größter Kenner dieser Stadt.

Ich komme, viele sind schon da 

Am Abend des 20. Februar war dann auch ein großer Teil der Teilnehmer schon anwesend, speiste und trank munter, während ich mein kleines “Büro” inmitten der Craft-Beer-Kneipe bezog. Es ist auch immer wieder ein merkwürdiges Gefühl: Auf der einen Seite die riesige Freude über all die Menschen, die der Einladung gefolgt sind – auf der anderen der eigene Anspruch, all diesen netten Leuten einen möglichst tollen Abend bescheren zu wollen.

Ich verglich die Teilnehmerliste auf dem Bildschirm meines Laptops mit dem tatsächlichen Belegungsgrad der Tische. Und freue mich riesig, als ich feststelle, dass zwar krankheitsbedingt einige wenige Lücken innerhalb der Teams existieren, aber sämtliche 15 angetreten sind. Ein Blick in die einzelnen Gesichter sorgte prompt für manch freudige Überraschung: Hey, war das nicht der Typ, der mich immer so nett aus dem Fenster meines liebsten Wasserhäuschens, dem “GUDES” bedient? Er war es.

Trotz aller Freude kommen Zweifel auf. Werden die Fragen, die ich im Gepäck trage, zu leicht oder zu schwierig sein? Und überhaupt unterhaltsam genug? Würde ich den Zeitplan einhalten können? Die Teams vielleicht gar langweilen?

 

Kurze Straßennamen, besondere Berufe und ein komischer Vogel

Erfahrungsgemäß wusste ich: Es hilft nichts, sich den Kopf zu zerbrechen. Noch ‘ne schnelle Zigarette rauchen, Mikro an und loslegen. Dass ich meine Notizen während der Begrüßung verlegt hatte, blieb glücklicherweise unbemerkt.

Weniger unbemerkt dagegen blieben die Mikrofon-Ausfälle, die immer dann einsetzen sollten, wenn Applaus den Verstärker zum Übersteuern bringen sollte und diesen seinen Dienst temporär quittieren ließen.
Man hatte es mir – so hoffe ich – verziehen, sodass die Quizfragen, um die es hier schließlich gehen sollte, dennoch im Vordergrund standen.

Ich hatte wirklich mein Bestes gegeben, hatte wochenlang Fragen gesammelt. Am Ende viele aussortieren müsse, was mir mitunter nicht ganz einfach fiel.

Was war doch gleich der kürzeste Straßenname Frankfurt? Und welche Straße ist mit 8,8 Kilometern eigentlich die längste? Was findet man heute im Gebäude des ehemaligen Volksbildungsheims? Ja, und was lässt man sich eigentlich richten, schaut man beim “Lenz” im Bahnhofsviertel vorbei?

Nach jeder Runde präsentiere ich den aktuellen Zwischenstand und verrate die korrekten Antworten meiner Fragen. Nur allzu oft muss ich dabei schmunzeln:

Nie hätte ich gedacht, dass nahezu alle Teams den Taufnamen der Mainfähre zwischen Schwanheim und Höchst (“Walter Kolb”) im Gedächtnis haben – aber gleich mehrere von ihnen bei der Frage nach René Bennerts Beruf auf, nun ja, “Zuhälter” tippen.

Humor haben sie ja, “meine Teilnehmer”, René Bennerts wahrer Beruf ist allerdings Bombenentschärfer.

 

Fachwerk? Na, das muss doch Sachsenhausen sein!

Schmunzeln musste ich auch oftmals, während ich die Antworten bei der Bilderrunde auswertete. Den Aufnahmeort von zehn Schwarzweiß-Aufnahmen galt es für die Ratefüchse zu bestimmen. Während die Aufnahme einer Gemüsehandlung in der Münchner Straße recht zielsicher dem Bahnhofsviertel zugeordnet werden konnte, hatte gut die Hälfte der Teams das Fachwerk-Ensemble des Höchster Schlossplatzes spontan in Alt-Sachsenhausen verortet.

Während die Teilnehmer zwischen den Fragerunden durchatmen, klönen und – ganz wichtig! – Bier trinken können, widmete ich mich einer möglichst prompten Auswertung. Nicht immer ganz einfach, jedoch lag ich voll im Zeitplan (da war ich das letzte Mal deutlich schlechter!), als ich die letzte Runde einläuten durfte.

15 Teams machen Pause, der Autor wertet indes aus.

Und diese drehte sich um die Musik, um die aus Frankfurt, um genau zu sein. Zehn Interpreten mit zehn Titeln, und hey – Frankfurt, das muss ich immer wieder zugeben, ist nun leider nicht unbedingt als Musikhauptstadt der Bundesrepublik zu bezeichnen.

Gefunden hatte ich natürlich trotzdem was, “Lieblingsmensch” von Namika etwa, natürlich was von Moses Pelham, mittlerweile Ehrenbürger dieser Stadt – und ja, auch Zeugs wie “Ich will brennen” der düsteren Rockband ASP hatte ich ausgegraben.

 

And the winner is…

Und tatsächlich war es ebendiese Musikrunde, die den Ausgang meines PubQuiz bestimmen sollte. Selbst die laut Punktzahl stärksten Team hatten hier deutliche Leistungseinbußen zu verzeichnen, für Spannung bis zuletzt war also gesorgt.

Als ich dann die vier Gewinner-Teams verkünden darf, da freu’ ich mich. Nun ja, zumindest, nachdem mein Mikrofon wieder funktionieren mag. Alle vier Sieger-Teams scheinen sich zu freuen, auch wenn mir das glorreiche Team von Platz 1 zuraunt, sie hätten insgeheim auf den Gewinn für den zweiten Platz spekuliert.

 

Nun ja, hätten sie halt nicht so schlau sein sollen – ich jedenfalls verabschiede mich von meinem Publikum in der Hoffnung, dass dieser Abend Spaß gemacht hat.
“Und wenn’s euch keinen Spaß gemacht hat”, so sag’ ich – “so habt ihr vielleicht wenigstens was lernen können”.

Und ja, natürlich konnte auch ich noch etwas lernen – und ich bin mir sicher, dass Ausgabe III von “Kennste Frankfurt?” noch ein kleines bisschen besser werden wird.
Danke euch allen fürs Dabeisein, ihr wart großartig!

Ein Wort zum Sonntag – und was das mit Sachsenhausen zu tun hat….

Ich hasse Sonntage.

Ja, das muss ich an dieser Stelle so deutlich sagen, da gibt es nichts zu beschönigen, auch wenn ihr Leser mir nun vermutlich einen kollektiven Vogel zeigen werdet.

Schließlich gilt der siebte Wochentag gemeinhin als der gemütlichste, endlich ausschlafen, anschließend das Bett mit den kalten Pommes der Samstagnacht vollkrümeln, dabei binge-watchen bei Netzflix. Was soll man auch draußen?

 

Wegnicken vorm TATORT

Draußen, da verpasst man eh nichts, eine Stadt schläft ihren Rausch aus. Gespenstische Leere sogar auf der Zeil, nein, da bleibt man lieber gleich im Bett liegen und wechselt erst am frühen Abend aufs Sofa, nochmal Tinder checken, anschließend beim TATORT wegnicken. Aber ist ja sowieso schon wieder Schlafenszeit, schließlich gilt es, am Montagmorgen einigermaßen arbeitstauglich im Büro aufzuschlagen.

Für mich dagegen ist der Sonntag meist ein regulärer Dienst-Tag, sodass ich den Sonntag als solchen meist nur daran erkenne, dass mein Briefkasten keine Frankfurter Rundschau beinhaltet und ich stattdessen die BILD am Sonntag lese.

Wenn ich aber – und das kommt selten vor! – dann doch einmal frei habe am heiligen Tage, dann verfluche ich die geschlossenen Geschäfte, die Freunde, mit denen katerbedingt nichts anzufangen ist, die bleierne Schwere, die sich über das Gemüt meiner Stadt gestülpt zu haben scheint. Auch nervt das ewige Warten auf U- oder S-Bahn, schließlich gilt der Sonntagsfahrplan des RMV. Die Busse mancher Linie bleiben gleich ganz im Depot stehen, ist ja eh niemand unterwegs. Irgendwann dann musste ich meine seltenen freien Sonntage zu Großstadtflucht-Tag erklären, an denen ich Wandern gehe oder Radtouren unternehme. Hauptsache raus aus meiner Stadt, die im Koma zu liegen scheint. Anschließend dann schlage ich drei Kreuze, sobald endlich wieder Montag ist, der gewohnte Trubel wieder eingesetzt hat – und komme mir dabei zuweilen recht eigenartig vor, schließlich gilt der Montag schlichtweg als derjenige der Wochentage, an dem sich Otto Normalarbeiter gern sprichwörtlich übergeben möchte.

 

Shisha-Bars und Auf-die-Fresse

Außerdem verfolge ich recht strebsam die lokale Berichterstattung. Beinahe wöchentlich muss ich dabei lesen, dass sich in Sachsenhausen (und insbesondere in Alt-Sachsenhausen) wieder einmal böse Sachen zugetragen haben. Genauso häufig aber ebenso, dass eine Bürgerinitiative dem Treiben im in gewissen Kreises schlicht als “Alt-Sax” bezeichnete Viertel ein Ende setzen und einen Beitrag zu dessen längst überfälliger Aufwertung leisten mag.

Und tatsächlich ist es so, dass man als Frankfurter herzlich wenig Gründe dazu hat, einen Abend in Alt-Sachsenhausen zu verbringen. Es sei denn, man empfindet zufällig eine große Leidenschaft für orientalische Wasserpfeifen, Wodka-Energy für Einsfuffzich oder schlechte Musik in einem Abklatsch einer bajuwarischen Schankwirtschaft.

Klar, es gibt sie, kleine Enklaven wie die großartige Klapper 33, das wirklich stilvolle Old Fashioned oder die zwar etwas elitär anmutende, dafür umso bemerkenswertere Bar BoneChina. Dennoch sollte man einen Besuch Alt-Sachsenhausens tatsächlich tunlichst vermeiden, insbesondere Freitag- und Samstagabends.

Dies wurde mir einmal wieder schlagartig bewusst, als ich neulich freitags auf einen Feierabend-Schoppen in der “Klapper” verabredet war. Kaum hatte ich am Paradiesplatz geparkt und war aus dem Auto gestiegen, fragte mich ein Kerl mit der Statur eines Wandschranks, ob ich Probleme habe, während er eine Flasche “Russian Standard”-Wodka im Mülleimer versenkte. Dieser Umstand bewies zwar Bewusstsein für eine reinliche Umwelt, dass hinter seiner Ansprache jedoch selbstlose Hilfsbereitschaft steckte, wagte ich zu bezweifeln.

Strammen Schrittes marschierte ich also davon, wurde jedoch bald beinahe von einer Horde Polizisten umgerannt, die sich auf eine Gruppe Halbstarker stürzten, die ihre Fäuste hatten fliegen lassen. Nebenan erbrach sich ein Mädchen auf das Kopfsteinpflaster, das ansonsten weniger von Einheimischen als von halbstarken Bauernkindern aus dem Umland und den vielzitierten Junggesellenabschieden aus der Eifel bevölkert war, die es wohl “in der großen Stadt mal so richtig krachen lassen wollten”.

Rühmliche Ausnahme:
Gin Tonic-speiender Elefant in der Bar “Blue China” 

Nach einem einzigen Sauergespritzten trat ich dann auch wieder meinen Heimweg an, ich fühlte mich nicht wohl und gestresst. Ich wich zerbrochenen Flaschen auf den Straßen aus, starte beim Warten auf den Nachtbus hinüber zum “Dönerstrich”, an dem wahlweise gekübelt oder sich wankend ein Döner ins Gesicht geschmiert wurde – und vermisste die Gemütlichkeit, die dieses Viertel tatsächlich manchmal ausstrahlt. Nämlich unter der Woche. Und dachte daran, dass mir ausgerechnet Samstagabend neulich erst den verhasstesten aller meiner Tage gerettet hatte – den heiligen, verfluchten Sonntag…

 

Von einer Sonntagnacht in – ausgerechnet! – Sachsenhausen

Der Fairness halber muss an dieser Stelle erwähnt hat, dass Frankfurt-Sachsenhausen tatsächlich mehr zu bieten hat außer Absturzkneipen und Auf-die-Fresse. So zum Beispiel die beiden traditionsreichen Apfelweinwirtschaften “Zum gemalten Haus” und “Apfelwein Wagner”, welche direkt nebeneinander liegen und nicht ausschließlich von Touristen aus Fernost besucht werden, die sich – unfreiwillig komisch wirkend – am Verzehr von Eisbein mit Kraut und Apfelwein versuchen. Auch zahlreiche Frankfurter Originale scheinen hier unverändert seit mehreren Jahrzehnten vor ihrem Schoppen zu sitzen – nur ich, ich war bislang nie dort gewesen. Es war an der Zeit, das zu ändern. Und es war Sonntag.

Gegen 21.30 beendete ich meinen Dienst, war daraufhin mit einer meiner liebsten Frankfurter Bekanntschaften im “gemalten Haus” verabredet.Ich war zu früh oder sie zu spät, so genau lässt sich das nicht sagen, jedenfalls wurde ich vom Kellner in bester Frankfurter Manier wortlos auf einen freien Platz gedrückt und bekam ohne weiteren Wortwechsel einen Schoppen vorgesetzt.

So also ließ ich meinen Blick streifen, bewunderte all die wunderschönen Wandgemälde, beobachte grinsend einer fernöstlichen Touristenhorde beim Schlachtplattenverzehr.

 

Groß war meine Freude, als ich auch meine liebe Bekannte erblickte, gemeinsam trinken, rauchen und plauschen, mir fehlte es an nichts. Doch schnell ereilte er mich wieder der Sonntag, der Kellner verkündete wortkarg, nun die letzte Bestellung aufzunehmen, es sei ja schließlich Sonntag, da wolle man früh schließen. Ich verfluchte einmal wieder diesen furchtbarsten aller Wochentage, meine liebe Bekannte jedoch zeigte sich zuversichtlich, noch einen Drink in der Nähe einnehmen zu können. Dass dabei sie morgen arbeiten musste, während ich fein ausschlafen konnte, schien ihr dabei egal.

Ich blieb skeptisch, denn erstens war dies ein Sonntag, zweitens war dies hier Sachsenhausen. Doch ehe ich mich versah, nahmen wir nach kurzem Fußweg Platz in der Hopper’s Bar, aufs freundlichste begrüßt von der flinken Bar-Tenderin. Und das keinesfalls alleine, auch in den einzelnen Ecken und Winkeln hatten sich Frankfurter niedergelassen, die in der Nacht von Sonntag auf Montag offensichtlich ebenfalls nichts besseres zu tun hatten. Kaum zu glauben, wie behaglich ich mich ausgerechnet in Sachsenhausen fühlen konnte! Dezente Hintergrundmusik waberte durch den großen Raum mit der wunderbaren Retro-Tapete, Rauchschwaden indes leider nicht. Meine Begleitung bestellt “den Cocktail in dem kleinen Glas mit Zuckerrand” (gemeint war ein Margarita), ich meinen innig geliebten White Russian. Und der war ziemlich gut, sodass recht bald ein zweiter folgte – bis dann, mittlerweile war es gegen halb drei, auch diese Bar ums Bezahlen und anschließende Verlassen bat.

 

Frankfurt ist nicht Berlin. Vor allem sonntags nicht.

Doch wenn man sich gut unterhält, da mag man nicht nach Hause. Auch nicht irgendwann in der Nacht von Sonntag auf Montag, auch nicht in Sachsenhausen. Zielgerichtet wurde also die althergebrachte Kneipe Zum Sternchen am Diesterwegplatz auf einen Absacker angesteuert. Und, was soll ich sagen: Aus einem Absacker (der wohl der günstigste meines bisherigen Lebens war) wurden zwei, die Jukebox tat ihr übriges, und ehe man sich versah, schlug die Uhr fast vier. Zur Wahl blieb nun das Moseleck oder der Heimweg; wir entschieden uns für den Letzteren.

Hinausgetreten auf den Diesterwegplatz erfolgte Verwunderung: Kein Taxi weit und breit. Wir scherzten noch, in Berlin gäbe es das sicher nicht. Aber in Berlin hätten wir wohl auch jetzt noch weiterziehen können, im Zweifel ins Berghain. Ich entschied mich kurzfristig für die Anmietung eines Leihfahrrades (deren Anbieter es mittlerweile mehr als zur Genüge gibt), und fuhr durch die kalte Nacht hinauf ins Nordend.

Als ich ins Bett fiel, da war ich froh: Ausgerechnet im verschrienen Sachsenhausen hatte ich doch glatt vergessen, dass doch eigentlich Sonntag war. Und mit dem Gedanken daran, dass eigentlich schon wieder Montag war und die ersten Aktenkofferträger bereits schlecht gelaunt in der Straßenbahn saßen, schlief ich ein…

Danke, Sachsenhausen! Ausnahmsweise. 

Habt ihr Verständnis für meine abgrundtiefe Abneigung gegenüber dem Sonntag? Oder ist er unbestritten euer Liebster Wochentag? Und: Meidet ihr den Stadtteil Sachsenhausen? Oder hat er auch euch schon freudig überrascht? Ich bin wie immer schon ganz gespannt auf eure Kommentare!

 

Heimat: Ein Gewinnspiel

Meine lieben Leser, 

ich weiß ja nicht, wie es euch ergeht – aber ich ganz persönlich liebe ja Gewinnspiele! Seit mittlerweile über einem Jahr folgt ihr mir beim Leben, Lieben & Untergehen in Frankfurt am Main; Zeit also, euch einmal wieder einen kleinen Gewinn in Aussicht zu stellen!

Und zwar ein Exemplar der DVD “Frankfurt wiederentdeckt”, welche meine helle Begeisterung erweckt und über die ich bereits berichtet hatte.

Was ihr hierfür tun müsst?

Nun, vielleicht ganz einfach – vermutlich dann aber doch wieder nicht so ganz.
Nämlich: Erzählt mir eine kurze Geschichte jenes Momentes, in dem ihr erstmalig gespürt habt, dass Frankfurt am Main zu eurer Heimat geworden ist.

Stellt man mir diese Frage, bin ich zunächst ein wenig ratlos; zu viel ist passiert und geschehen, seitdem ich mich vor fast acht Jahren dazu entschieden habe, hier heimisch werden zu wollen.

Ganz sicher aber bin ich mir, dass es ein unendliches Glück ist, jederzeit durch die mir so vertrauten Straßen meiner Stadt schlendern zu kennen – in der fast sicheren Gewissheit, sowieso irgendjemanden zu treffen, den man kennt, mit dem es sich recht fein ein paar Worte wechseln lässt. Sei es nur auch der Briefträger, ganz egal: Diese Stadt ist längst nicht mehr anonymes Gefüge für mich; mittlerweile freue ich mich auf viele vertraute Gesichter, die mir tags wie nachts begegnen. Diese Gesichter sind es, die in mir ein Gefühl der Heimat erwecken.

Ganz sicher bin ich mir auch, dass ich jedes Mal aufs Neue eine Gänsehaut bekomme, wenn ich vom Lohrberg hinab ins Großstadttal blicke. Doch welches der allererste Moment war, in dem ich hier das wohlige Gefühl der Heimat gespürt habe? Da bin ich mir gar nicht mal so sicher.

Nur gut, dass ich mich nun bequem zurücklehnen und euch diese Frage stellen kann. Bis zum 20. Februar 2018 habt ihr noch Zeit, um mir eure ganz persönliche Heimat-Geschichte zu erzählen – per Kommentar unter diesem Artikel oder bequem bei Facebook. Den glücklichen Gewinner unter euch kürt dann gänzlich unbestechlich das Los.

Ich bin unendlich gespannt auf eure Heimat-Story – und drücke euch schon jetzt alle Daumen fürs Gewinnen!

Was blieb, war das Vinyl: Allein in Frankfurt/Main…

Sagt euch der Name “Hugo van Haastert” etwas? Nein? Keine Sorge, das tat er mir bis vor Kurzem auch nicht. Kein Wunder, nicht mal einen Wikipedia-Artikel darf der Liedermacher sein Eigen nennen – und wäre ich nicht an diesem einen Dienstagabend in meiner Lieblingskneipe Feinstaub gewesen, so hätte auch ich wohl niemals von ihm erfahren…

Allein in Frankfurt/Main

Doch saß ich nun da, vor meinem Apfelwein, wie üblich in mein Buch vertieft, als ich innehielt. Nur ein halbes meiner Ohren lauschte der Musik, die mittels Schallplatte vom DJ serviert wurde, doch ich vernahm ich sie ganz deutlich, diese eine Textzeile:

“Und mit jeder Zigarette fällt mir mehr von uns beiden ein – wenn ich noch eine Chance hätte, würde alles ganz anders sein, in Frankfurt/Main.
Ja, ich bin allein –  in Frankfurt/Main….”

 

Ich war eigenartig berührt von diesen Zeilen, vielleicht weil auch ich mich, manchmal bis gelegentlich geflissentlich alleine fühlte in dieser Stadt. Ich mochte wissen, wer sie einst gesungen hat. Schnell griff  ich zum Mobiltelefon, fütterte Google mit einigen Textfetzen aus dem Lied. Dieses Internet, das wusste bekanntliich alles, und so wusste auch ich ganz schnell:

Hugo van Haastert war es, der 1977 dieses Lied aufnahm, welches nun – 40 Jahre später – begleitet durch Rauchschwaden durch eine Kneipe im Frankfurter Nordend waberte.

Zurück zu Hause, immer noch pfiff ich die Melodie des Liedes, “allein in Frankfurt/Main”, das wollte mir nicht aus dem Kopf. Wie praktisch, dass das Internet nicht nur alles weiß – sondern auch alles bietet. Dachte ich jedenfalls.

Keine Suchtreffer bei Spotify.
Nicht erhältlich auf Amazon. Nicht bei Apple Music, nicht bei Soundcloud, das gibt’s doch nicht. Ein letztes Ass, das hatt’ ich noch im Ärmel – doch nicht einmal bei Youtube wurd’ ich fündig. Und, räusper räuser, hätte ich illegale Download-Portale bemüht, wäre (!) ich auch nicht fündig geworden. Verdammt.

Dabei wollte ich doch nur Zuhause noch einmal das Lied genießen, Augen zu, Zigarette an. Einen dieser wenigen Momente erleben, in denen man, in denen ich Musik noch bewusst genießen kann.

 

Was blieb, war das Vinyl

Nie hätte ich für möglich gehalten, einmal ein gewünschtes Lied nicht irgendwo in den Untiefen des WWW zu finden.

Was blieb war das Vinyl, jener schwarze Kunststoff, auf den das Lied im Erscheinungsjahr 1977 schließlich gepresst sein worden musste.
Erste Anlaufstelle für ein zielgerichtete Suchen nach alten Schallplatten, Vinyl-Freunde wie ich wussten das, war die Plattform Discogs.

Und tatsächlich wurde ich dort fündig, Originalpressung der Single, guter Zustand, auf der B-Seite: „Hör‘ doch auf, zu träumen“. Der Preis der Schallplatte in Pfund angegeben, „Versand aus Großbritannien“ – wieviel das nun genau in Euro sein mochte, wollt’ ich dann auch gar nicht so genau wissen. Dieses Lied, das war klar, würde ein recht teurer Spaß werden für mich.

Wie die Platte ihren Weg ins vereinigte Königreich gefunden haben mochte, blieb mir derweil ein Rätsel. Was sollt‘s, viel wichtiger war schließlich, dass der kleine, runde Schatz seinen Weg zu mir, nach Frankfurt, finden würde.

Und genau das tat er dann glücklicherweise auch, eine knappe Woche später, sorgfältig verpackt in Zellophan und braunen Pappkarton. Mit sanften Fingern zog ich das ersehnte Stück hinaus, der Geruch einer vergilbten Hülle strömte in mein Näschen.

Genuss bei 45 u/min

Die Platte selbst dagegen tatsächlich fast wie neu, fast liebevoll fand sie ihren Platz auf dem Plattenteller. Das vertraute Knacken beim Aufsetzen der Nadel, bei 45 Umdrehungen pro Minute konnte mein Musikgenuss beginnen.

Und so saß ich da, allein in Frankfurt/Main, und hörte “Frankfurt/Main”. Eine Zigarette zwischen meinen Lippen, die Augen beim Zug geschlossen, Hugo van Haastert singt von verspäteten Linienflügen, der Liebe und schlechtem Englisch. Und, natürlich, von seinem Alleinsein hier, in Frankfurt/Main.
40 years ago. 

 

Gänsehaut auf meinem Rücken, vermutlich schon allein aufgrund des vorangegangen Abenteuers. Verrückt, welch Umstände man doch für ein einziges Lied auf sich nehmen kann. Verrückt, dass es auch im Jahre 2018 noch Musik gab, die nirgends im digitalen Nirvana aufzufinden war.

Verrückt, was Musik auszurichten vermag. Hugo von Haastert drehte sich weiterhin munter mit 45 Umdrehungen pro Minute auf dem Plattenteller meines Schallplattenspielers. Und ich? War in diesem Moment vielleicht auch ein wenig verrückt – aber glücklich…

Habt auch ihr schon derartige Umstände auf euch genommen, nur um ein bestimmtes Lied hören zu können? Kennt ihr noch diese ganz besonderen Momente, in denen ihr Musik ganz bewusst genießen, alles andere um euch herum vergessen könnt? Habt auch ihr schon erlebt, dass euer aktueller Ohrwurm wirklich nur auf Schallplatte erhältlich war? Erzählt mir doch davon!